Verleger-Ausschuss

Urheberrecht: Viel Unkenntnis bei Wissenschaft und Politik

10. November 2010
von Börsenblatt
Nach libreka! und dem VLB standen im zweiten Teil der VA-Sitzung die aktuellen Entwicklungen beim Urheberrecht im Mittelpunkt. Weitere Themen waren die Gespräche und Gerichtstermine zu den Übersetzervergütungen, der reduzierte Mehrwertsteuersatz für E-Books und die Fusionsverhandlungen zwischen Börsenverein und Landesverband NRW.

Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang schilderte die Lage bei den Verhandlungen zum sogenannten Dritten Korb der Urheberrechtsreform. Hier gelte es vor allem, den Forderungen der Allianz der Wissenschaftsorganisationen, die häufig mit den sie finanzierenden Ländern an einem Strang ziehen, entgegenzutreten. Der Forderungskatalog der Forschungsallianz zeuge von großer Unkenntnis der verlegerischen Tätigkeit, sei aber bei allen Bundestagsfraktionen auf große Resonanz gestoßen, so Sprang.

Vor allem die Forderung nach einem gesetzlich verbrieften Zweitveröffentlichungsrecht für Wissenschaftspublikationen komme einer Enteignung gleich, so Sprang. Demnach sollen Zeitschriftenartikel und sonstige wissenschaftliche Werke nach sechs Monaten formatgleich auf den Servern der Wissenschaftsorganisationen offen zugänglich gemacht werden – in der Version, die die Verlage erstellt haben. Eine solche Open-Access-Strategie würde den Verlagen die Geschäftsgrundlage entziehen.

Sprang rechnet damit, dass die Vorlage des Referentenentwurfs für das neue Gesetz Anfang 2011 eine lange Debatte auslösen werde. Mit dem Gesetz sei möglicherweise nicht mehr in dieser Legislaturperiode zu rechnen.

Unabhängig vom Dritten Korb will der Börsenverein einen konkreten Vorschlag für ein Gesetz über den Umgang mit vergriffenen und verwaisten Werken vorlegen, der von der VG Wort ausgearbeitet worden ist. Er habe Chancen auf eine Umsetzung, zumal gerade auf EU-Ebene eine Richtlinie zu verwaisten Werken vorbereitet wird.

Kooperation mit Subito 

Thieme-Verleger Abrecht Hauff stellte das mit dem elektronischen Bibliothekslieferdienst Subito vereinbarte Pilotmodell für die Nutzung digitaler Inhalte vor. Es ermögliche nicht nur die seitengenaue Abrechnung (6,4 Cent pro Seite pro Semester pro Student), sondern stelle den Nutzern auf unkomplizierte Weise den Content in bester Qualität zur Verfügung – und nicht als gescannte Ware. Das Modell sei dem Paragrafen 52a Urheberrechtsgesetz (Nutzung digitaler Inhalte in Intranets von Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen) klar vorzuziehen. Bisher hätten die Verlage keine Vergütung für die 52a-Nutzungen erhalte. Politisches Ziel der Subito-Initiative sei es, die Abschaffung des Paragrafen 52a zu befördern. In der kommenden Woche soll das Subito-Modell auf der Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftsverlage (AWV) vorgestellt werden.

Zum Google Book Settlement sagte Sprang nur so viel: Seit der Berufung des zuständigen Richters Denny Chin an ein höheres Gericht habe man nichts mehr gehört. Chin habe aber versprochen, vor einer Entscheidung jede Seite der 10.000 Seiten umfassenden Vergleichsakten zu lesen …

Ein Dauerbrenner ist auch das Thema Übersetzervergütung, für das auch nach der BGH-Entscheidung vom September noch keine tragfähige Lösung in Sicht ist. Jörg Pfuhl, der zum Gegenstand vortrug, hofft, dass der nächste BGH-Spruch am 20. Januar 2011 für mehr Klarheit sorgt.

Reduzierter Mehrwertsteuersatz für Bücher bleibt

Börsenvereins-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis referierte zum aktuellen Stand der Diskussion um einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für E-Books. Zunächst habe man einen Vorstoß aus dem Regierungslager abwehren müssen, generell nur noch Lebensmittel ermäßigt zu besteuern. Nun sei klar, dass an der reduzierten Besteuerung von Büchern nicht gerüttelt werde. Gegenüber dem Bund habe man deutlich gemacht, dass eine Ungleichbehandlung von E-Books rechtlich und inhaltlich nicht nachvollziehbar sei.

Skipis äußerte sich auch zu den Fusionsverhandlungen zwischen Börsenverein und Landesverband Nordrhein-Westfalen. Ziel sei es, den Apparat zu verschlanken und Kosten zu sparen. Anstelle eines Landesvorstands solle es künftig einen Regionaldirektor geben.

Urban Meister (Gräfe und Unzer) schlug vor, den Betriebswirtschaftlichen Ausschuss (BWA) aufzulösen und die Aufgaben (Schnellumfrage, Bankenkonferenz) an die Fachausschüsse zu übertragen.