Kommentar

Corporate Identity: Namen sind Programm

23. Dezember 2010
von Börsenblatt
Es könnte sein, dass der Sortimentstyp Fachbuchhandlung eines Tages verschwindet und von einer neuen Unternehmensspezies abgelöst wird. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteur Michael Roesler-Graichen.
Ein Wechsel der Unterneh­mensidentität kann vieles bedeuten. Er kann einem Mode­trend folgen, einen Imagewechsel einleiten, eine Neupositionierung im Markt signalisieren. Wenn eine Fachbuchhandlung wie Lehmanns das neue Jahrzehnt mit der Umfirmierung in Lehmanns Media einläutet, dann kommen alle diese Aspekte ins Spiel. "Buchhandlung" und "Verlag" – diese Markenzusätze klingen in den Ohren mancher Corporate-Identity-Berater bieder, altbacken, unmodern. Damit konnotiere man Rückwärtsgewandtheit, Innovationsverweigerung oder gar Resignation. Ein Negativ-Image, aus dem es kein Entrinnen gibt. Deshalb begegnen uns jetzt immer häufiger Medienhäuser, Mediengruppen, Fach­informationen, Dienstleister, ­Publishers und Lösungsanbieter – oder eben "Media".

Der tiefere Grund für den Wechsel der Corporate Identity ist jedoch der Struktur- und Medien­wandel der Buchbranche selbst. Dafür steht der neue Name von Lehmanns in erster Linie: Er verkündet ein neues Programm. Das Buch gehört zwar immer noch zum Kerngeschäft, aber die digitalen Medien, die Software-Lösungen und Beratungsservices werden immer wichtiger – gerade im Fachbuchhandel, der in der Konkurrenz zu Internet und zum Direktgeschäft der Verlage ständig an Boden verliert. Und so könnte es sein, dass der Sortimentstyp Fachbuchhandlung eines Tages verschwindet und von einer neuen Unternehmensspezies abgelöst wird. Wir sind Zeugen dieser Evolution, der Agenturen manchmal einen programmatischen Anstrich verpassen.