Google Book Settlement

Entscheidung zieht sich hin

11. Januar 2011
von Börsenblatt
Lange nichts gehört vom Google Book Settlement? Im aktuellen Urheberrechts-Newsletter bringt der Börsenverein die Branche auf den Stand der Dinge.

In dem heute publizierten Newsletter der Rechtsabteilung heißt es:

"In den letzten Wochen und Monaten haben uns mehrfach Anfragen aus dem Mitgliederkreis nach dem Stand der Auseinandersetzungen um das Google Book Settlement in den USA erreicht. Bekanntlich wurde Mitte Februar vergangenen Jahres vor dem District Court in New York die mündliche Verhandlung durchgeführt, aufgrund derer der zuständige Richter eine Entscheidung treffen sollte, ob der von Google und den amerikanischen Autoren- und Verlegerverbänden vorgeschlagene Vergleich zur Massendigitalisierung von Büchern in Bibliotheksbeständen (in seiner zwischenzeitlich modifizierten Form) vom Gericht genehmigt wird oder nicht. Viele Verlage, die deutsche Bundesregierung, der Börsenverein, die VG Wort und zahlreiche ausländische Beteiligte hatten sich in Schriftsätzen an das Gericht gewandt und gegen wesentliche Inhalte des Settlements protestiert.

Nachdem zunächst bereits eine Entscheidung in der mündlichen Verhandlung im Bereich des Möglichen schien, hat sich der zuständige Richter Chin sein Urteil vorbehalten, da ihm der Verfahrensstoff zu umfangreich für ein Stuhlurteil zu sein schien.WenigeWochen nach der Verhandlung trat Richter Chin sein neues Amt als Richter am Court of Appeal an, in das er auf Vorschlag der amerikanischen Regierung berufen worden war. Mit seiner letzten Verfügung nahm er den Vorgang Google Book Settlement mit, so dass allgemein mit einer kurzfristigen Urteilsverkündung gerechnet wurde. Tatsächlich ist jedoch bis heute keine Entscheidung gefallen.

In amerikanischen Juristenkreisen wird mittlerweile gemutmaßt, dass Richter Chin nicht mehr dazu kommen wird, eine Entscheidung zum Google Book Settlement zu treffen. Es müsste daher ein neuer Richter bestimmt werden, der sich des Verfahrens annimmt. Dies ist bislang noch nicht geschehen. Sollte es in der Tat zu einem "Wechsel" auf der Richterbank kommen, wird es sicherlich noch einige Monate dauern, bis mit einer Entscheidung gerechnet werden kann.

Problematisch ist dies auch deshalb, weil in dem von Google und den amerikanischen Rechteinhaberverbänden vorgeschlagenen Vergleich bestimmte Ausschlussfristen vorgesehen sind, innerhalb derer Copyrightinhaber ihre Ansprüche bei der geplanten „Book Rights Registry“ anzumelden haben. Eine ganz wesentliche Frist läuft danach bereits am 31. März 2011 ab.Würde der Vergleich bestätigt, könnten weltweit Rechteinhaber, die sich nicht gemeldet haben, mit diesem Termin ihre Ansprüche einbüßen. Andererseits ist bisher immer noch kein praktikables Verfahren eröffnet worden, mit dem sich eine Rechteanmeldung ohne unzumutbaren Aufwand bewerkstelligen ließe.

Zudem gilt eine Annahme des Vergleichs als fraglich, nachdem sich insbesondere auch das US-Justizministerium bei Gericht vehement gegen das vorgeschlagene Settlement ausgesprochen hatte. Die zeitund kostenaufwändige Registrierung einzelner Werke könnte sich für die Berechtigten deshalb als Arbeit für den Papierkorb erweisen.

Die VG Wort, die es für die deutschen Autoren und Verlage übernommen hat, deren Ansprüche zu sichern, bemüht sich derzeit intensiv um die Problematik. Dies ist deshalb nicht einfach, weil Drittbeteiligten in dem von den Parteien gewählten class action-Prozess (Sammelklageverfahren) keinerlei Antragsrecht zusteht, welches zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen würde. Zwar gibt es bei einer erheblichen Verfahrensverzögerung einen so genannten Mandamus Prozess, der von den Parteien eingeleitet werden kann. Es ist aber nicht bekannt, ob die Parteien dieses Verfahren vor dem Hintergrund der laufenden Ausschlussfristen in Gang setzen oder weiter auf eine baldige Gerichtsentscheidung vertrauen.

Der Börsenverein rät Mitgliedsverlagen, die aufgrund von Niederlassungen in den USA selbst Ansprüche anmelden müssten, momentan nicht dazu, aktiv zu werden. In Anbetracht der Tatsache, dass das Gericht im Laufe des Settlement-Verfahrens wiederholt Fristen sehr kurzfristig verlängert hatte, gehen wir davon aus, dass dies auch in diesem Fall noch geschehen wird - falls der angemeldete Vergleich nicht ohnehin als Ganzes nicht genehmigt wird."