Pressestimmen zum Rückzug von Elisabeth Ruge

"Der Berlin Verlag steht vor einem Scherbenhaufen"

27. Februar 2011
von Börsenblatt
Wie auf boersenblatt.net berichtet, wird Elisabeth Ruge, 1994 Mitbegründerin und seit 2005 Verlegerische Geschäftsführerin des Berlin Verlags, das Unternehmen verlassen. "Der Berlin Verlag steht vor einem Scherbenhaufen. Denn es wird ihn so nicht mehr geben", schreibt Elmar Krekeler in der "Berliner Morgenpost". 

Die Neustrukturierung der Bloomsbury-Gruppe habe Elisabeth Ruge einen Verbleib in ihrer Position nahezu unmöglich gemacht, so Krekeler. Trotz enthusiastischer Worte über Ruges Verlegerleistung ließen sich die "wirtschaftslyrischen Ankündigungen" in der Hausmitteilung eben auch verstehen als Versuch, "den Gestaltungsspielraum angeschlossener Verlagshäuser wie des Berlin Verlags zu minimieren, sie gleichzuschalten und deutlich stärker als bisher hauptsächlich als Endglieder einer von London geknüpften Verwertungskette von Rechten an literarischen Werken zu begreifen", heißt es in der "Berliner Morgenpost". "Zur literarischen Umverpackstation, zum bloßen Zweitverwertungsunternehmen von Bloomsbury-Büchern aber wollte Ruge ihr Haus, immerhin tatsächlich die bedeutendste, verlegerisch interessanteste deutsche Verlagsneugründung der vergangenen 40 Jahre, wohl nicht verkommen lassen. Dafür waren sie und ihr damaliger Mann, der frühere S. Fischer-Cheflektor Arnulf Conradi 1994 nicht angetreten", so Krekeler weiter. 

"Sie kämpfte um eine verlegerische Autonomie, die man ihr nicht mehr zugestehen wollte", schreibt Gregor Dotzauer im "Tagesspiegel". Elisabeth Ruge, die erst vor einem Jahr den Wissenschaftsverlag Berlin Academic als Imprint gegründet hatte, sei die erste Leidtragende eines Dilemmas, das auch andere Verlage noch ereilen werde. "Denn so unbestreitbar die Globalisierung ist – vor allem der Vertriebswege, so gilt für fast alle Branchen, dass zentrale Strukturen die Besonderheit lokaler Märkte nicht erfassen können, in der Literatur mehr als auf anderen Gebieten. Vermutlich lässt sich nicht einmal belletristische Massenware weltweit einheitlich mit denselben Marketingmaßnahmen verkaufen", meint Dotzauer.