Buchhändler-Aktionen

Was Kunden wirklich lesen

4. Mai 2011
von Börsenblatt
Lauter Lieblingsbücher in Bad Lauterberg: die Buchhändlerin Susanne Kinne hat ihre Kunden nach persönlichen Favoriten gefragt – und daraus ein Schaufenster gemacht.

Die Buchhandlung Limbarth im Herzen des malerischen Fachwerkstädtchens Bad Lauterberg im Südharz sei anders als andere Buchhandlungen, sagt Susanne Kinne – und sie muss es schließlich wissen: Als Verlagsvertreterin ist sie viel herumgekommen, bevor sie vor 15 Jahren in das Familienunternehmen einstieg. Uralte Regale und ein richtiger Tresen schaffen ein anachronistisches Ambiente, das offenbar viele Besucher anspricht: "Bad Lauterberg hat zahlreiche auswärtige Gäste", so Kinne. "Wenn die bei uns reinkommen, staunen sie nicht schlecht: 'So was gibt es noch?' Dann fangen sie an zu wühlen", schmunzelt die 42-jährige Buchhändlerin.

120jähriges Firmenjubiläum

Vor 45 Jahren hat Kinnes Mutter Freya Moller (70) das 100 Quadratmeter große Geschäft übernommen. Heute führt sie es zusammen mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter. Dieses Jahr wird die Traditionsbuchhandlung 120 Jahre alt. Zur Jubiläumsfeier gibt es Sekt und Selters, eine Tombola und abends eine exklusive Lesung vor handverlesenem Publikum: "Für mehr als 25 Gäste haben wir keinen Platz", so Kinne.

Von Stephen King bis Pitje Puck – lauter Lieblingsbücher

Einen besonderen Hingucker hat sich die Buchhändlerin für das Schaufenster einfallen lassen: Seit Mitte März präsentiert sie dort die Lieblingsbücher ihrer Kunden. Jeder, der wollte, durfte einen entsprechenden Bogen ausfüllen.

"Mein Lieblingsbuch war so spannend und gruselig, dass ich es nachts aus dem Zimmer verbannen musste, damit ich keine Angst hatte", erinnert sich ein inzwischen erwachsener Mann an ein offenbar nachhaltig beeindruckendes Leseerlebnis aus seiner Jugend – einen Thriller von Stephen King. "Mein Lieblingsbuch? 'Pitje Puck‹!', fällt einem anderen ein. "Noch heute gucke ich da gern rein."

Leuchtende Augen und Kinderreime

Die vielfältige Resonanz auf ihre Aktion hat Kinne beeindruckt: "Die Antworten sind so kunterbunt wie unser Laden", freut sich die Buchhändlerin. "Außerdem kommt es zu vielen netten Gesprächen, die eine ganz neue Sicht auf die Menschen eröffnen, zum Beispiel wenn der Anzugträger mit leuchtenden Augen in Jugenderinnerungen schwelgt oder betagte Damen mit verklärtem Blick alte Kinderreime aufsagen."

So verschieden wie die Menschen sind auch die im Schaufenster ausgestellten Lieblingsbücher: Titel aus den 30er Jahren, denen Kinne antiquarisch nachgespürt hat, stehen neben aktuellen Vampir-Romanen. Alle Bücher sind mit den spontanen Anmerkungen der Kunden versehen. "Nicht lange überlegen, einfach eine kurze Story zum Buch aufschreiben", hatte Kinne aufgefordert. Und schon hat sie eine weitere Idee entwickelt, wie sie die Menschen auch zukünftig mit ins Boot holen kann: "Eine Bestsellerliste unserer Kunden!"

Christina Busse