Mangelnde Identifikation

Berliner Autorenbuchhandlung hört bei 5plus auf

5. Mai 2011
von Börsenblatt
Die Autorenbuchhandlung Berlin beendet ihre Mitgliedschaft bei 5plus, einem Verbund von fünf literarischen Sortimenten. Als Grund nennt Geschäftsführer Joachim Fürst zunehmende Abstimmungsschwierigkeiten und "gefällige Inhalte" im Kundenmagazin "5plus", "mit denen wir uns einfach nicht identifizieren konnten."

"Bei fünf Mitgliedern sollte sich niemand wie das buchstäblich fünfte Rad fühlen", erläutert der Geschäftsführer der Berliner Fürst & Iven GmbH autorenbuchhandlung die Entscheidung. "Mir persönlich war aber am Ende der Einfluss deutlich zu groß, den ein einzelner Kollege in Abstimmung mit der von allen 5plus-Mitgliedern beauftragten Agentur auf die vorgeschlagenen Themen nahm." Es habe der Blick über den "Tellerrand der Buchstabensuppe in die Welt" gefehlt, in der sich die Literatur ja ohnehin längst mit der Musik, dem Theater, dem Film und auch dem Zeitgeist mische. "Für uns autorenbuchhändler funktioniert ein eigenes Kundenmagazin nur durch Artikel und Themen, für die man sich engagiert und hinter denen man steht", sagt Mitgeschäftsführer Marc Iven. Die anderen 5plus-Mitglieder hätten auf gefälligere Inhalte gesetzt, "mit denen wir uns einfach nicht identifizieren konnten. Erst kurz vor Redaktionsschluss griffen sie dann doch zum Großteil auf unsere Ideen zurück, weil sie keine eigenen Themen realisieren konnten."

Bei der in der eigenen Buchedition veröffentlichten Erzählung "Rausch" von Irène Némirovsky sei es zum Eklat gekommen. Christian Dunker, zuständig für Presse / ÖA und Veranstaltungen bei Fürst & Iven, sagt: "Marc Iven und ich standen der Veröffentlichung zunächst skeptisch gegenüber, gingen jedoch auf eine lange Reise ins Innere der Biografie dieser in Auschwitz umgekommenen Ausnahmeautorin. Um den Lesern einen kenntnisreichen Einblick in das Leben und Werk dieser Autorin ermöglichen zu können, konnten wir David Marwell, Direktor des Jewish Heritage Museum in New York, Olivier Corpet, Direktor des Institut Mémoires de l´édition contemporaine IMEC, Paris und Jacques Fredj vom Mémorial de la Shoah, dafür gewinnen, uns die Abdruckrechte für zwei Essays aus New York und Paris, die das allzu kurze Leben der Autorin beschreiben, zu überlassen. Zudem stellten sie uns private Fotos der Familie und des berühmten Koffers, in dem u.a. das unvollendete Manuskript der literarischen Sensation "Suite française" lag, für die Publikation zur Verfügung. Sie waren nicht nur absolut begeistert von unserem Vorhaben, sondern tief berührt darüber, dass wir autorenbuchhändler die Erzählung und den großen Verlust dieser Schriftstellerin nicht nur über den Erzähltext, sondern auch sinnlich noch erfahrbarer machen wollten. Von unseren Buchhandelskollegen wurden wir in unserem Engagement heftig kritisiert."

"Eine Empfehlungsgemeinschaft ohne Solidarität und respektvollen Umgang miteinander birgt für uns nicht die Voraussetzung guter Zusammenarbeit", resümmiert Joachim Fürst. Dieses Ende berge jedoch auch einen Neuanfang: Mit dem anstehenden Umzug aus der Carmerstraße in die direkte Nachbarschaft der renommierten Kunstbuchhandlung Bücherbogen "bilden wir eine Literaturmeile am Savignyplatz, die qualitativ ihresgleichen sucht." Künftig will die Autorenbuchhandlung ein eigenes Magazin herausbringen.