Antiquariat

Unverwechselbarkeit als Chance

3. Juni 2011
von Börsenblatt
Ein Gespräch mit dem Münchner Antiquar Volker Riepenhausen über die Antiquariatsmesse München, Ebay, Preisroboter bei Amazon und die Zukunft der Branche.

Volker Riepenhausen (Jg. 1967), ausgebildeter Buchhändler, betreibt seit einigen Jahren ein Versandantiquariat im Norden von München. Er zählt zu den bekanntesten Antiquaren seiner Generation.

Sie waren als Aussteller auf der Antiquariatsmesse München vertreten, wie war die Messe für Sie?Volker Riepenhausen: Die Messe hat meine Erwartungen übertroffen. Neben dem reinen Umsatz während der zwei Tage, der sehr erfreulich war, habe ich Neukunden gewinnen und mich mit Kunden, die ich durch meinen Versandhandel meist nur virtuell kannte, auch vis-a-vis ausgetauscht. Ich konnte außerdem wertvolle Gespräche mit Kollegen führen und hatte einen angenehmen Nachverkauf – rundum also eine erfolgreiche Messe.

Welche Gebiete aus Ihrem Messeangebot wurden bei Ihnen besonders nachgefragt? Wie war die Resonanz auf Ihren Katalogbeitrag?Ich biete mittlerweile aus allen Gebieten Gedrucktes an, deshalb habe ich auf der Messe aus allen Bereichen verkauft. Herausragende Stücke waren hier Originalzeichnungen und ein Gemälde, sowie einige recht teure Pressendrucke. Die Nachfrage nach abseitiger Fotografie war hoch, also Daguerreotypien, Ambrotypien, ethnologische und reisekundliche Fotografie und auch Manuskripte, Tagebücher und Briefe waren gefragt. Interessant wäre übrigens eventuell die Frage, was nicht ging, hier hat mich überrascht, dass nicht ein Reisebuch weggegangen ist. Da die Messe dieses Jahr den Kinderbüchern gewidmet war, gingen hier einige Bücher über den Tisch, besonders herausragende Werke hatte ich aus diesem Gebiet allerdings nicht dabei. Aus dem Katalog habe ich eine hübsche Sammlung von Originalzeichnungen von A. Oberländer verkaufen können. Ich hatte eine weitere Nachfrage an meinem Stand zu einem Kinderbuch, konnte dieses aber nicht verkaufen.

An welchen Verkaufsveranstaltungen werden Sie sich in diesem Jahr noch beteiligen? Hamburg? Frankfurt? Berlin?Ich werde auf der quod libet-Alternative im September in Hamburg teilnehmen und hoffe darauf, beim Altonaer Büchertag im November ausstellen zu dürfen. Für mich kommen aus logistischen Gründen momentan nur Hamburg und München für eine Messeteilnahme in Frage.

Sie sind hauptsächlich im Netz aktiv, welche Plattform hat für Sie momentan den höchsten Stellenwert?Ebay.

Und die antiquarischeren Plattformen?Leider haben alle antiquarischen Plattformen immer weniger Einfluss auf meinen Umsatz; ich hoffe auf einen etwas ansteigenden Umsatz bei antiquariat.de.

Längst nicht alle Ihrer Kollegen sind bei Ebay vertreten, wie erklären Sie sich das?Ein Argument, das mir ein Kollege mal genannt hatte war: ich lasse mich nicht bewerten. Viele Kollegen haben wohl auch negative Erfahrungen mit Ebay gemacht, beispielsweise beim Versteigern ihrer Bücher, die dann oft zu geringen Preisen verkauft wurden. Ebay ist ja durch das Versteigern bekannt geworden, dass sich das seit geraumer Zeit geändert hat, mag vielleicht nicht bei jedem angekommen sein. Ich stelle nur noch selten Bücher zum Versteigern bei Ebay ein. Ich habe dort einen Shop mit Festpreisangeboten und einer Preisempfehlungsfunktion. Ebay hat im Gegensatz zu anderen Marktplätzen wie Amazon und ZVAB sehr viel für ein virtuelles Shoperlebnis getan. Im Gegensatz beispielsweise zum ZVAB habe ich es bei Ebay geschafft, Stammkunden zu gewinnen. Bei der Messe in München sind mehrere meiner süddeutschen Ebay-Kunden an meinem Stand gewesen und haben "analog" gekauft! Rechtlich fühle ich mich bei Ebay gut beraten, ich kann zahlreiche Bilder meiner Bücher hochladen, kurzum, Ebay ist für mich der ideale Internetmarktplatz. Dennoch, ich würde natürlich am allerliebsten meine Bücher auf eigene Kappe ohne Gebühren verkaufen, deshalb der Versuch mit der Münchener Messe.

Wenn man mit Antiquaren spricht, spürt man öfters Unsicherheit, in welche Richtung es mit dem eigenen Geschäft geht, oder sogar Pessimismus, was die Zukunft der Branche überhaupt angeht. Wie sehen Sie das?
Ich teile durchaus diese Angst. Ich habe in den 1990er Jahren ja selber noch etwas von der vermeintlich besseren Zeit mitbekommen. Der immense Preisverfall bei Büchern, auf deren sichere Verkaufbarkeit jahrelang Verlass war, macht auch den stoischsten Antiquar unsicher. Zumal wir es in Deutschland einfach nicht hinkriegen, uns untereinander besser zu organisieren, was dann wiederum zur Folge hat, dass durch unsinnige Aktionen wie dem tsunamiähnlichen Einstellen von Gebrauchtbüchern bei Amazon und dem Einsetzen von Preisrobotern auch noch dieser Markt zum Erliegen gebracht wird. Vieles ist sicher nicht aufzuhalten, einiges wäre aber durch ein wenig Nachdenken zu verhindern gewesen.

Ich sehe meine Chance mittlerweile in der unverwechselbaren Ware. Das bedeutet natürlich einen erheblichen Aufwand, aber das ist es mir wert! Letztendlich muss aber festgehalten werden, dass das Handeln mit Büchern immer anstrengend und ungewiss in finanzieller Hinsicht war. Dafür sollten wir aber nicht vergessen, dass wir keine Versicherungen verkaufen oder Schweinehälften schleppen müssen.

Die Fragen stellte Björn Biester.