Interview mit RA Adil-Dominik Al-Jubouri

"Gefällt mir": Bußgeld-Bescheid für Webseitenbetreiber?

23. August 2011
von Börsenblatt
Webseitenbetreiber müssen wegen der Einbindung des "Like-Buttons" von Facebook mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro rechnen. Das jedenfalls hat der Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, erklärt. Und jetzt? Börsenvereins-Rechtsanwalt Adil-Dominik Al-Jubouri erklärt den Vorgang.

Können Sie kurz skizzieren was dieser Bußgeld-Bescheid bedeutet?
Die Datenschutzbehörden können im Falle von Verstößen gegen das Datenschutzrecht Untersagungsverfügungen aussprechen und Bußgeldbescheide von bis zu 50.000,- Euro verhängen. Nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten stellt die Einbindung des "Like-Buttons" von Facebook einen solchen Verstoß dar. Ob hier allerdings, das Vorliegen eines Datenschutzverstoßes einmal unterstellt, ein Bußgeld in der gesetzlich zulässigen Maximalhöhe von 50.000,- Euro gerechtfertigt ist, bedarf einer genaueren Prüfung. Zu berücksichtigen sind hier die Schwere des Verstoßes sowie das Maß der jeweiligen Schuld.

Was genau ist unrechtmäßig an der Betreibung einer Facebook-Fanpage oder dem Einbinden des "Like-Buttons" auf der eigenen Seite? Inwiefern wird hier gegen den Datenschutz verstossen?
Das Problem ist hier die individuelle IP-Adresse des Internetnutzers, die jedenfalls beim Anklicken des "Like-Buttons" an Facebook in den USA übermittelt und dort erfaßt wird. Wie man hört, soll der einmal installierte Button darüber hinaus aber auch dann laufend mit Facebook kommunizieren und womöglich auch personenbezogene Daten von Nicht-Facebook-Mitgliedern bzw. nicht eingeloggten Facebook-Usern übertragen, wenn er gar nicht betätigt wird – das bloße Aufrufen einer Website würde also bereits eine Datenübertragung auslösen. Nach Ansicht der Datenschutzbehörden in Deutschland stellt die IP-Adresse, die jedem Internetnutzer individuell zugewiesen wird, ein personenbezogenes Datum dar. Demzufolge läge hier also eine datenschutzrechtlich relevante Nutzung personenbezogener Daten vor. Spätestens mit der Verknüpfung der Daten mit einem Facebook-User würde dieser in seinem Nutzungsverhalten in Internet eindeutig identifizierbar und sämtliche seiner Bewegungen würden – jedenfalls für Facebook – sichtbar, ganz gleich ob er eingeloggt ist oder nicht. Datenschutzrechtlich wäre der den "Like-Button" einbindende Websitebetreiber dann mitverantwortlich, selbst wenn nur Facebook die Daten speichert und nutzt.  

Wie sollten sich Webseiten-Betreiber in Schleswig-Holstein kurzfristig verhalten?
Angesichts der datenschutzrechtlichen Brisanz wäre es ratsam, auf die Einbindung des "Gefällt mir-Buttons" zunächst zu verzichten. Dies jedenfalls solange, bis die in Rede stehenden Rechtsfragen abschließend gerichtlich geklärt sind. So hat es auch die Stadt Hamburg im letzten Jahr gemacht, die mit dem Button in ihrem Internetauftritt auf ihre Präsenz bei Facebook verwiesen hatte. Website-Betreiber sollten eruieren, ob es nicht andere, datenschutzrechtlich unbedenkliche Möglichkeiten der Reichweitenanalyse gibt. 

Und langfristig? Verlage aus der ganzen Republik betreiben ja mittlerweile sehr professionelle Webseiten: Was raten sie den Verlagen mit einer Facebook-Fanpage und/oder einem integrierten "Like-Button"?
Wie gesagt, grundsätzlich bewegt man sich hier noch auf unsicherem Boden, weil die gesamte Problematik gerichtlich noch nicht sicher geklärt ist. Es sollte genau im Auge behalten werden, was Facebook mit den Nutzerdaten macht. Die bislang von Facebook gemachten öffentlichen Erklärungen darüber, inwieweit Nutzerdaten erhoben werden und in welchem Kontext sie verwendet werden, sind vage. Solange das so ist, muß man damit rechnen – und zwar sowohl bei der Facebook-Fanpage als auch bei dem in die eigene Website integrierten "Like-Button" –, dass am Ende ein Gericht die Rechtsaufassung des Datenschutzbeauftragten teilt und man in einem Verfahren gegen einen etwaigen Bußgeldbescheid unterliegt.

Denken Sie, dass der Bescheid eine Signalwirkung haben wird? Welche Reaktionen sind von Verbrauchern, Unternehmen und Gerichten zu erwarten?
Ein etwaiger Bußgeldbescheid wird sicherlich Signalwirkung haben. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass es hier zunächst ein Unternehmen trifft, gegen das dann in einem Musterverfahren vorgegangen wird. Die Reaktionen in der Öffentlichkeit, vor allem in der Internetgemeinde, werden hier sicherlich auf einem Spektrum zwischen völliger Zustimmung und totaler Ablehnung oszillieren – wie stets bei internetbezogenen Fragen. Insofern werden viele Unternehmen wohl vorerst zur Vorsicht neigen und den Button entfernen. Eine solche Signalwirkung wird wahrscheinlich auch die schon jetzt vieldiskutierte Bekanntmachung der Rechtsauffassung des Datenschutzbeauftragten des Landes Schleswig-Holstein haben und man wird nicht von der Hand weisen können, dass genau dieser "disziplinierende" Aspekt vom Datenschutzbeauftragten mit seiner öffentlichen Erklärung auch mitbeabsichtigt wird. Wie die Gerichte hier reagieren, ist letztlich offen. Nach meiner Einschätzung sprechen die besseren Argumente derzeit für eine datenschutzrechtlich erhebliche und damit unzulässige Nutzung personenbezogener Daten durch den "Like-Button".