Buchmarkt 2025

Es bleibt spannend

1. September 2011
von Börsenblatt
Warum Zwischenbuchhändler eine neue Firmenphilosophie brauchen – und nicht nur sie. Von Umbreit-Geschäftsführer Thomas Bez.

Die These 19 klingt recht banal, denn alle Prognosen gehen davon aus, dass der Markt für die gedruckten Verlagserzeugnisse immer kleiner wird. Wenn der Markt schrumpft, können einzelne Teilmärkte oder Unternehmen nur auf Kosten anderer noch etwas gewinnen.

Die Urheber der 55 Thesen gehen aber davon aus, dass das Volumen des Zwischenbuchhandels stark rückläufig sein wird, also überproportional. Möglicherweise haben sie mit dem Zwischenbuchhandel nur das Barsortiment gemeint, aber der Zwischenbuchhandel besteht aus Barsortiment, Bestellanstalt, Büchersammelverkehr und Verlagsauslieferung. Das heißt, es kann sein, dass der eine Zweig des Zwischenbuchhandels auf Kosten des anderen dazugewinnt. Neue Zentralläger können zum Beispiel dazu führen, dass die Gewichte im Büchersammel­verkehr steigen und die Barsortimentsumsätze sinken. Die Verlagsauslieferungen sind davon nicht betroffen, sie liefern die gesamte Produktion ihrer Kommittenten an alle Abnehmer aus.

Die meisten Protagonisten glauben, dass die Umsätze mit digitalen Erzeugnissen mindestens in dem Maße steigen, wie die Umsätze mit gedruckten Medien sinken, allerdings gilt das nur für die Volumina, auf keinen Fall für die Preise, das heißt die Umsätze mit allen Medien werden tendenziell sinken (»open access«, »open source« und so weiter lassen grüßen!).

Einzelne Zweige des Zwischenbuchhandels können der Entwicklung in die digitale Welt hinein folgen (zum Beispiel als digitale Verlagsauslieferung). Andere (insbesondere der Büchersammelverkehr) werden unter der Digitalisierung »leiden«, weil digitale Verlagserzeugnisse nicht physisch transportiert werden und die Logistik des E-Commerce schon in festen Händen ist (These 21).

Im Printmarkt gibt es Möglichkeiten für Barsortimente und Verlagsauslieferungen, das Volumen zu stabilisieren, zum Beispiel durch Titelaufstockung, insbesondere mit fremdsprachigen Titeln, durch die Aufnahme neuer Sortimente (These 22), die Übertragung des USP auf neue Absatzkanäle (Rackjobbing) und neue Märkte. Verlagsauslieferungen sind hier schon viele Schritte weiter und liefern längst nicht mehr nur »Verlagserzeugnisse« aus. Die Barsortimente als Fachgroßhandel des Buchhandels müssen dazu ihre Firmenphilosophie überdenken. Das betrifft die gesamte Branche: Der Bau eines neuen Logistikzentrums (ohne Diversifikation) stabilisiert nicht das Volumen des gesamten Zwischenbuchhandels, sondern führt zu Verschiebungen innerhalb des Zwischenbuchhandels (These 20).

Ob die Barsortimente Volumen an Einkaufsgenossenschaften (mit Zentrallager) verlieren, muss hier nicht erörtert werden, denn auch diese gehören zum »Zwischenbuchhandel«. Interessanter ist es festzuhalten, dass die Entwicklung im Zwischenbuchhandel nicht nur vom Konsumenten (der Medien) abhängt, sondern auch von der Absatzpolitik der Hersteller (bisher Verlage) und der Beschaffungspolitik der Händler (und Konsumenten). Die einen versuchen seit Jahren, den Zwischenbuchhandel zurückzudrängen, um möglichst viel / alles selbst in die Hand zu nehmen; die anderen sind auf den Zwischenbuchhandel angewiesen, um ihre Aufgaben im Rahmen der Preisbindung von Büchern und Zeitschriften (wirtschaftlich) erfüllen zu können. Nicht nur der anonyme »Markt«, sondern jeder Marktteilnehmer beeinflusst die Entwicklung im »buchhändlerischen Verkehr«. Es wird spannend bleiben – nicht nur im Zwischenbuchhandel!

In der nächsten Ausgabe kommentiert zum Abschluss Wallstein-Verleger Thedel von Wallmoden. Sämtliche Thesen und bisherigen Beiträge finden Sie auf boersenblatt.net.