Online-Handel

Buch.de-Chef Reul: "Thalia ist unsere stärkste Marke"

26. Februar 2015
von Börsenblatt
Der Online-Buchhändler buch.de, an dem Thalia mit rund 80 Prozent beteiligt ist, hat mit Oliver Reul seit Oktober letzten Jahres einen neuen Vorstandssprecher. boersenblatt.net sprach mit dem ehemaligen Amazon-Manager über die Marke Thalia, das dreistellige Wachstum im E-Book-Geschäft und die Strategie im M-Commerce.
Sie haben in den vergangenen Jahren stark in das Geschäft mit digitalen Inhalten investiert. Wie ist der Stand heute?
Insgesamt sind wir mit dem Geschäft zufrieden, der Absatz von E-Books wächst im dreistelligen Bereich. Allerdings haben wir es leider nicht geschafft, nach einem sehr erfolgreichen Launch des E-Readers Oyo mit dem Nachfolgegerät an diesen Erfolg nahtlos anzuknüpfen. Wir freuen uns jedoch über die Thalia-Übernahme des App-Entwicklers Textunes.

Warum waren Sie mit dem Thalia-Reader Oyo 2 nicht zufrieden?
Es gab einige Punkte, die nicht optimal gelaufen sind. Zum einen war der Zeitpunkt des Launchs so kurz vor Weihnachten zu spät. Außerdem ist das Gerät qualitativ im Vergleich zu anderen Geräten nicht top of class. Das hat dazu geführt, dass sich der Absatz nicht so entwickelt hat, wie wir es uns gewünscht hätten.

Was sind Ihre nächsten Investitionsziele?
Wir beschäftigen uns im Bereich digitaler Inhalte gemeinsam mit unseren Kollegen von textunes intensiv mit dem Thema Apps - zum Beispiel entwickeln wir unsere erfolgreich gelaunchte Oyo-App weiter - und denken auch über Cloud und sonstige Convience-Angebote nach. Darüberhinaus stehen umfangreiche Investitionen in unsere Technik an, zum Beispiel in die Suchfunktion, die Kategorisierung und die Usability der Shops. Aktuell führen wir außerdem SAP ein.

Es gibt etliche Online-Händler, die Bücher verkaufen. Wo sehen Sie sich?
Wir freuen uns, dass wir die Marke Thalia im Portfolio haben. Durch den Vorteil, dass es neben dem Online-Kanal auch ein flächendeckendes Filialnetz gibt, können wir uns gegenüber reinen Online-Anbietern abgrenzen. So können die Kunden ihre Bücher zuhause online bestellen und sie einen Tag später im Buchgeschäft abholen. Oder sie ordern nicht vorrätige Bücher im Laden beziehungsweise unter thalia.de und bekommen diese nach Hause geliefert.

Amazon will in 24 Stunden beim Kunden sein. Wie lange dauert es bei Ihnen?
Grundsätzlich dauert es bei uns genauso kurz wie bei Amazon. Die Frage ist nur, für welche Titelanzahl dieses Lieferversprechen gilt. Da ist Amazon anders aufgestellt als wir, da sie ein breiteres Portfolio haben. Wir konzentrieren uns auf das Buchgeschäft.

Welche Rolle spielt Mobile Commerce für Sie?
Der mobile Handel hat für uns eine große Bedeutung. Wenn wir uns das Kaufverhalten der Kunden heute anschauen, bestellen noch viele klassisch über den Webshop. Aber inzwischen kaufen die Kunden – mit steigender Tendenz – auch über unsere Apps ein. Der Markt für M-Commerce ist stark entwicklungsfähig, da wird sich in den nächsten Jahren noch viel abspielen.

Unter ihrem Dach gibt es verschiedene Webshops. Wie lange wollen Sie die unterschiedlichen Marken halten?
So lange wie es der Kunde wünscht, lautet die einfache Antwort. Die spannende Frage dabei ist: welche Kundenrelevanz hat eine Marke im Vergleich mit einer anderen, wenn diese die gleichen Produkte anbietet? Bei der Marke Thalia ist diese Frage einfach zu beantworten. Hier profitieren wir vom stationären Filialnetz. Sie wächst deshalb am stärksten und ist unsere stärkste Marke. Für die anderen Marken analysieren wir momentan die Marktsituation. Zum Beispiel sehen wir, dass sich die Marke bol.de im immer härter werdenden Wettbewerb schwerer tut als andere. Hier müssen wir irgendwann die richtige Antwort geben. Wie die aussieht, ist aber noch offen.

Wird es dann nur die Marken thalia.de und buch.de geben?
Das wäre eine Variante, aber entschieden ist noch nichts.

Wie hat sich bei Ihnen der Markt für E-Books entwickelt?

Es gibt Prognosen, dass im Jahr 2015 das E-Book-Geschäft etwa 15 Prozent am Gesamtkuchen ausmachen wird. Da wir Onlineanbieter sind, dürfte bei uns das Wachstum überproportional sein.

Werden Sie den Anteil an Non-Books weiter ausbauen?
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2010/2011 hat sich der Anteil am Non-Book-Sortiment nicht wesentlich verändert. Ob der Anteil überproportional steigen wird, wird man sehen. Was wir jetzt bereits sagen können, ist, dass sich dieser Sortimentsbereich im laufenden Geschäftsjahr gut entwickelt.

Sie verweisen auf Ihren Webshops auf diverse Social Media-Kanäle. Aber eine richtige Interaktion findet nicht statt. Warum?
Das stimmt so nicht. Wir sind mit den großen Marken präsent, sei es auf Twitter, Facebook oder in beiden sozialen Plattformen gleichzeitig. Hier testen wir derzeit vielfältige Maßnahmen, wie wir die Kunden noch stärker für uns begeistern können. Die Aufgabe für alle Händler dabei ist, wie man die Kunden an die Marke binden und zum Kauf animieren kann. Da ist noch vieles offen.

Douglas will Thalia verkaufen. Was sagen Sie dazu?

Zu der Thematik kann ich mich nicht äußern, da sie auf einer anderen Ebene entschieden wird. Natürlich wäre es besser, es gäbe dieses Thema nicht, denn durch jede Auseinandersetzung damit konzentrieren wir uns nicht auf das Wesentliche, nämlich für die Kunden eine noch bessere Arbeit zu machen.

Interview: Kemal Calik