Leselust aus der Reihe "Schöner Lesen"

Schönheit beginnt beim Papier

15. März 2012
von Börsenblatt
Die Leser erliegen den Reizen des Haptischen: Erfahrungen mit zwei Herbsttiteln der Anderen Bibliothek. Ein Beitrag von Monika Steinkopf.

Schon als ich die schön gestaltete Herbstvorschau der Anderen Bibliothek sah, war klar: Wir machen zwei Veranstaltungen, eine für "Grimmelshausen" und eine für "Es war einmal". Beide wurden ein großer Erfolg – weil hier Inhalt und Ausstattung völlig übereinstimmen, und Kunden sehr wohl ein Gefühl für gut gestaltete Bücher haben. Man musste ihnen die Ausgaben nur in die Hand geben und auf einige Besonderheiten aufmerksam machen. Wie gut liegt der Grimmelshausen-Band in der Hand, wenn man ihn aus der Hülle zieht, wie schön steht der geprägte Schriftzug des Dichters auf dem zartgrünen Leinen. Man streicht über das mattgeglättete Papier, blättert und ... beginnt zu lesen.

Das Märchenbuch im Folioformat muss man dagegen auf den Tisch legen, um die meist unbekannten Erstfassungen der Kinder- und Hausmärchen zu lesen, wenn man den Halbleinenband, bezogen mit handgeschöpftem Büttenpapier, aufgeschlagen hat. Der Leser erfährt erstmals von den Lebensgeschichten der unbekannten 25 Zuträger, die Heinz Rölleke jahrelang erforscht hat. Der Reiz dieser Ausgabe erschließt sich voll beim Betrachten von Albert Schindehüttes prächtigen Farbzeichnungen in kalligrafischer Manier – eine kongeniale Zusammenführung von Text und Illustration, betreut von den Buchgestalterinnen Susanne Reeh und Cosima Schneider.

Es gab so viele glückliche Buchkäufer (und das waren keine Sammler oder Bibliophile!), die wenigsten haben nach Preisen gefragt, niemand hat einen Gedanken an ein E-Buch verschwendet ... Das als Buchhändlerin zu erleben ist beglückend – vom Umsatz mal ganz abgesehen.

"Man streicht über das mattgeglättete Papier, blättert und ... beginnt zu lesen", Monika Steinkopf, Berger Bücherstube, Frankfurt am Main