Thalia-Umbau

"Douglas verfolgt bei Thalia ein Standardkonzept"

21. März 2012
von Börsenblatt
Mit dem Ziel, Thalia wieder zurück in die Gewinnzone zu bringen, will Douglas seine Buchhandelstochter nun doch behalten – und das Flächenproblem selbst kurieren. Ob Thalia so die Kurve kriegt? Und welche Chancen die Buchsparte noch im Douglas-Verbund hat? Antworten von Jörg Funder, Handelsexperte und Professor für Handelsmanagement an der FH Worms.

Themenwelten, Flächenreduzierung, E-Commerce und Digitales: Sind das die richtigen Eckpfeiler für Thalia?
Funder: Mich überzeugt das jetzt vorgelegte Restrukturierungsprogramm nur teilweise. Letztlich basiert es auf einem Standardkonzept.

Was ist daran so verkehrt?
Funder: Die Konzepte von McKinsey sehen immer ähnlich aus, egal ob es um Karstadt ging oder jetzt eben um Thalia. Sehr generisch ist da oft von Multichannel, Themenwelten, Erlebniseinkauf und Fremdvermietung der Überhangflächen die Rede. Aber wie das konkret aussehen soll und warum das zu einem Mehrertrag und zu mehr Umsatz führen soll, bleibt meist unklar.

Thalia lässt sich zudem von Altium Capital beraten, einem Finanzierungsunternehmen. Wie deuten Sie das?
Funder: Schwierige Frage. Am wahrscheinlichsten dürfte sein, dass Douglas nach wie vor über einen Verkauf von Thalia nachdenkt und diesen nun schrittweise vorbereitet. Denn so, wie das Unternehmen derzeit dasteht, ist es unverkäuflich. Andererseits, auch wenn ich da so meine Zweifel habe, könnte es natürlich sein, dass Thalia weiter zukaufen will, in strategisch als wichtig definierten Feldern wie E-Commerce oder E-Content.

Der Douglas-Aufsichtsrat stellt sich demonstrativ hinter Thalia, hat dem Restrukturierungskonzept sogar ausdrücklich zugestimmt. Gleichzeitig geht der Wandel am Markt weiter. Reicht die Zeit, um Thalia wieder auf Kurs zu bringen?
Funder: Es ist sicher Eile geboten, aber noch nicht zu spät.

Wo sehen Sie Risiken?
Funder: Nur mal ein Beispiel: Thalia ist aus vielen Unternehmen zusammengewachsen – was dazu führt, dass man nun ganz unterschiedliche Flächen hat, auf denen sich kaum ein einheitliches Konzept durchsetzen lässt.

Douglas kündigt für Thalia rund 15 Schließungen an – insgesamt gibt es knapp 300 Filialen. Ist das eventuell nur die Spitze des Eisbergs?   
Funder: 15 ist, gemessen an der Gesamtgröße, nur eine verschwindend geringe Zahl. Aber man muss auch klar sagen: Selbst Schließungen führen nur bedingt zu Kostenersparnissen, da man die Restlaufzeiten bei Mietverträgen bezahlen muss. Da kann es manchmal sinnvoll sein, an nicht so profitablen Standorten festzuhalten – weil der Verlust sonst noch höher wäre.

Was würden Sie Thalia raten?
Funder: Das Buchgeschäft wird zusehends schwieriger. Eigentlich wäre es für ein Unternehmen wie Thalia angebracht, sich weiter zu entwickeln – von einem reinen Medienhändler hin zu einem Medienproduzent und -distributor. Ich bin mir aber unsicher, ob Douglas das wirklich schafft: Digitale Inhalte zu entwickeln, können andere durchaus besser. Auch aus diesem Grund macht es aus meiner Sicht für Douglas wenig Sinn, langfristig an Thalia festzuhalten – schon gar nicht mit Blick auf den Wettbewerb, der noch kommen wird.

Auch wenn es Douglas gelingt, sich mithilfe von Finanzinvestoren von der Börse freizukaufen - und dadurch ohne Störfeuer von außen in Ruhe Neues entwickeln könnte?
Funder: Ja, auch dann. Allein das Filialnetz: Es ist mit 295 Filialen relativ groß dimensioniert. Braucht ein Multichannel-Händler tatsächlich so viele Filialen, bei so viel Verlust aus diesem Kanal? Konsumenten nehmen die einzelnen Kanäle bis heute nicht als durchgängige Interaktionspunkte wahr.

Eine Reihe von Studien bescheinigen Multichannel-Konzepten beste Chancen. Sie nicht?
Funder: Generell ist das schon ein sinnvoller Ansatz – langfristig betrachtet. Es reicht aber nicht, nur überall den gleichen Namen drüberzuschreiben. Was viele oft vergessen, ist: Multichannel bedeutet auch Multiproblem. Denken Sie nur an die operativen Prozesse, von der Lagerhaltung bis zur Disposition, Abrechnungen, Entscheidungsstrukturen – das ist alles sehr komplex. Dafür sind hohe IT-Aufwendungen und schwierige Änderungen der Organisationsstruktur nötig. Außerdem braucht das Zeit.