Umfrage

Welche Rolle spielt für sie die Onleihe?

26. Februar 2015
von Börsenblatt
Welche Perspektive bietet die Onleihe der Bibliotheken für die Verlage? Gibt es Chancen für das Sortiment zu partizipieren? boersenblatt.net hat nachgefragt. Ein Stimmungsbild.

Die Holtzbrinck-Verlage nehmen nicht an der Onleihe des Bibliotheksdienstleisters DiViBib teil - und auch auf mehrfache Anfrage von boersenblatt.net gibt es keine Stellungnahme zum Thema. Auch Random House lässt sich nur ungern in die Karten sehen - obwohl die Verlagsgruppe mit den Onleihe-Lizenzen einen bedeutenden Teil ihres Umsatzes im Digitalgeschäft machen soll. Bis Ende 2012 werden mehr als 500 öffentliche Büchereien an die Onleihe angeschlossen sein, viele Verlage nutzen die Onleihe, um ihr Digitalgeschäft zu bewerben und Lesern die Möglichkeit zu geben, ihr Titelangebot anzutesten, wie folgende Umfrage unter Verlegern zeigt.

René Kohl macht sich außerdem Gedanken, ob auch das Sortiment miteinbezogen werden kann beim Leihgeschäft von Medieninhalten.

Hintergrundinformationen und Analysen zum Thema Flatratemodelle und Onleihe finden Sie in der Printversion unseres aktuellen Börsenblatts 13/2012.

Annette Schwartzmanns, Vertriebsleiterin Langenscheidt
"Wir sind über DiviBib mit ca. 150 Titeln (pdf und epub) bei der Onleihe vertreten. Der Anteil am gesamten Download-Geschäft beträgt unter einem Prozent, was aber daran liegt, dass wir den iTunes Appstore ebenfalls zu diesem Vertriebsweg zählen. Im Rahmen der reinen E-Book-Plattformen ist DiviBib für uns ein wichtiger Partner. Im Rahmen unseres Portfolios gehen bei DiviBib die "ernsthaften" Sprachlerntitel wie Grammatiken besser als die unterhaltsamen Titel wie z. B. "Hund-Deutsch".

Das Potential der Onleihe ist sicher noch nicht ausgeschöpft, was man auch daran sieht, dass andere Anbieter fieberhaft versuchen, ein ähnliches System für Endkunden zu entwickeln.

Wir versehen unsere e-books nur mit Wasserzeichen, da wir die Probleme mit dem harten DRM als schwerwiegender einschätzen als die Piraterie-Gefahr. Letztlich ist jedes technische Schutzsystem umgehbar."

 

Ursula Rosengart, Geschäftsführerin Gabal Verlag
"Wir sind sehr zufrieden mit dem Thema Onleihe. Die Umsätze liegen hier insgesamt höher wie der Verkauf von E-Books. Die Themen ziehen sich breit durch unser Programm. Bei den bisherigen Lizenzverträgen zum Thema Onleihe sehen ich keinen Änderungsbedarf.

Bei kommerziellen Leihmodellen sehen wir uns Lizenzverträge ganz genau an: Voraussetzungen sind ein hartes DRM und die Begrenzung der Nutzung. Keinen Sinn machen für uns Modelle, bei denen einzelne Seiten eines Titels geliehen oder gekauft werden.

Das Thema Pricing ist ein wichtiges: Wir liefern bei E-Books die gleiche Qualität und nehmen die gleiche Preise: Die Frage ist immer: Was ist mir ein Inhalt wert? Bei der Festlegung gehen wir von der günstigsten verfügbaren Ausgabe eines Titels aus. Das E-Book orientiert sich preislich daran, es sollte etwas günstiger ausfallen."

 

Frank Suppanz, zuständig für Online und Social Media beim Reclam Verlag
"Insgesamt ist das Digitalgeschäft hinsichtlich des Umsatzes noch nicht sehr relevant. Wir verzeichnen allerdings konstante Umsätze. Derzeit arbeiten wir noch ausschließlich mit PDFs: Eingestiegen sind wir mit Interpretationen zu wichtigen klassischen Werken als Download. Ausgeweitet haben wir unser Online-Angebot vor allem um Lektüreschlüssel zu prüfungsrelevanten Schullektüren.
 
Bisher sind die DiViBib und Ciando unsere wichtigsten Partner im Lizenzgeschäft.
 
Gemeinsam mit Bookwire werden wir im nächsten Vierteljahr rund 150 Titel, bzw. Titelkombinationen als E-Pub anbieten. Gegenüber Gratis-Produkten wollen wir uns durch die Textqualität absetzen. Das Angebot wird ein Titelmix sein und aus mehreren Segmenten die attraktivsten Titel enthalten: Klassikertexte, Lektüreschlüssel, Filmgenre-Bände, Grundwissen Philosophie, Jane-Austen-Romane in eigenen Übersetzungen. Später sollen Titel aus der laufenden Produktion mitintegriert werden.
 
Für uns ist die Onleihe auch ein Marketinginstrument. Kommerzielle Leihmodelle wie Skoobe sind ebenfalls interessant: Letzten Endes ist es alles Frage des Erlösmodells. Bei niedrigpreisigen Titeln kann es schwieriger sein, eine für alle Parteien eine befriedigende Lösung zu finden."

 

Selma Steffen, Rechte und Lizenzen, Hörbuch Hamburg
"Wir unterstützen seit Oktober 2009 Divibib, (Die virtuellen Bibliotheken), ein Tochterunternehmen der EKZ, zu dem auch die sofortportale (z.B. soforthoeren.de) gehören und stellen digitale Kopien unserer Hörbücher zur Verfügung, die dann in der sogenannten "Onleihe" der öffentlichen Bibliotheken zu finden sind. Unser Angebot dort erstreckt sich über unser gesamtes Programm und wird auch genauso breit von den Bibliotheksnutzern genutzt, d.h., dass aktuelle Bestseller ebenso ausgeliehen werden wie Backlist-Titel und die Kunden die Qualität der Bibliotheken ebenso wertschätzen.

Für uns als Verlag ist die Onleihe ein weiterer Zugang zu potenziellen Hörern, vielfach eben auch Ersthörern, die sich über die Ausleihe an das Medium heranwagen, es mal 'eben austesten' und in der Mehrheit als 'Neu-Hörer' gewonnen werden können."

Die Erfahrung hat gezeigt, dass noch jeder Kopierschutz zu knacken ist, vielfach mehr Ansporn als Schutz ist, und so ist auch DRM für uns im Sinne des Kunden kein Thema. Hier können wir nur gebetsmühlenartig an die Nutzer appellieren, sich über den entstehenden finanziellen Schaden bewusst zu sein, der durch illegale Angebote und deren Nutzung nicht allein den Verlagen, sondern eben Autoren, Musikern, Komponisten, Sprechern, Schauspielern uva entsteht, wenn sie sich Hörbücher, E-Pubs, Filme, Musik auf illegalen Plattformen herunterladen.

Ein Thema, das uns mehr beschäftigt als DRM ist die Vergütung der einzelnen digitalen  Ausleihvorgänge. Während die physische Hörbuch-Ausleihe der Bibliotheken einzeln erfasst wird und über Tantiemen (via VG Wort) abgerechnet wird, ist dies bei der digitalen Ausleihe noch nicht der Fall. Hier besteht also dringender Handlungsbedarf, um die Rechteinhaber gerecht zu vergüten!"

 

René Kohl (Kohlibri) zum Thema Onleihe / Leihmodelle:
"Meine Meinung zu Thema Onleihe, bzw.  kommerziellen Leihmodellen: Ich halte das ganz Konzept aus Kundensicht für plausibel und attraktiv. Für mich als Online-Buchhändler sehe ich aber Schwierigkeiten, hier mitzumischen.

Ich kann nur hoffen, dass unsere Dienstleister mit heißester und nachhaltiger Nadel bereits Konzepte erarbeiten. Die Kleinen können hier keine tragfähigen Alternativkonzepte erfinden: Eine geisterhafte Vernetzung kleinerer Akteure wäre zwar theoretisch möglich - wahrscheinlicher ist aber, dass ein Big Player (Amazon, Kobo, Libreka, Grossisten oder Barsortimente), bei dem der Content liegt, die Stärke der Fläche erkennt und in ein Konzept gießt - das attraktiver als die bisher angedachten ist. So könnten schon bald Geschäftsmodelle entstehen, bei denen der Buchhandel mitnehmen können: Dessen Marktposition und die große Kundennähe sind seine Trümpfe.

Alle großen Anbieter müssen sich fragen: Reicht es online zu sein oder müssen wir den Handel miteinbinden? Google könnte womöglich ein Player sein, der sich durch ein entsprechendes Geschäftsmodell aus dem Hintertreffen nach vorne schiebt."