Urheberrecht

Konflikt um preisende Zitate

19. April 2012
von Börsenblatt
Der Schritt von Libri, ganz auf Zitate aus Presserezensionen zu verzichten, treibt 
die Buchbranche um. Der Börsenverein will im Sinne der "guten Beziehung zwischen Buch- und Presseverlagen" das Gespräch mit den Zeitungsverlagen suchen.

Libri hatte Anfang April in einem Schreiben an die Buchverlage angekündigt, alle Zitate aus Buchrezensionen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) und der "Süddeutschen Zeitung" aus seiner Titel-Datenbank zu löschen. Inzwischen gibt es erste Reaktionen: "Die Libri.de-Entscheidung bedeutet einen extremen Mehraufwand für den Verlag. Die beschreibenden Informationen, die wir an den Internet-Buchhandel liefern, müssen nun allesamt überprüft und viele verändert werden", sagt Martin Spieles, Leiter Kommunikation bei den S. Fischer Verlagen. Einen Zwang für Online-Händler, so zu verfahren, würden sie jedoch "überhaupt nicht" sehen. "Das Miteinander von Zeitungsredaktionen und Buchverlagen funktioniert seit vielen Jahrzehnten reibungslos - auch was das kurze Zitieren aus Rezensionen betrifft", findet der Pressechef.

Auch Eva Großkinsky, Leitung Unternehmenskommunikation bei der Verlagsgruppe Weltbild, denkt ähnlich: "Wir setzen Zitate zu Büchern in dem Rahmen ein, wie er seit langem 
zwischen allen Branchenteilnehmern geübte und akzeptierte Praxis ist."

Der Onlinehändler Thalia.de hingegen nutzt keine externen Zitate aus Presserezensionen. "Das ist einfach so - Gründe konnte ich intern keine finden", sagt Thalia-Pressesprecherin Mirjam Berle. Ihre persönliche Meinung sei, dass sie intern genügend eigene kompetente Mitarbeiter hätten, die ihre Meinung zu Büchern abgeben. Der Verleger Matthias Ulmer berichtet, dass sein Haus keine Auszüge aus Rezensionen mehr in der Publikumswerbung einsetze – "es sei denn, 
wir haben die Genehmigung des Rechteinhabers". 

Vorsicht beim Einsatz von Pressestimmen

"Die Diskussion um die Verwendung von Rezensionsausschnitten zu Werbezwecken ist nicht neu", erläutert Katharina Winter von der Rechtsabteilung des Börsenvereins. Sie sei durch das Libri-Schreiben - und nicht etwa durch die oft genannte Perlentaucher-Entscheidung - aktuell geworden. "Unabhängig von der rechtlichen Bewertung, die deutlich zugunsten der Presseverlage ausfällt, ist uns die Tragweite für die Verlage und die Branche bewusst", sagt die Rechtsanwältin. Daher werde der Börsenverein im Sinne der "guten Beziehung zwischen Buch- und Presseverlagen" das Gespräch mit den Presseverlagen suchen. 

Andreas Tazl, FAZ-Kommunikationschef, bestätigt die Gespräche und ist "guter Dinge", mit den Buchverlagen Lizenzmodelle zu finden, "um das Verwenden von Rezensionsausschnitten zu Werbezwecken auf eine rechtlich einwandfreie Basis zu stellen".

Katharina Winter macht darauf aufmerksam, dass werblich genutzte Zitate aus Rezensionen keine Zitate, sondern Werbung fürs Buch sind - für die es kein "Zitatrecht" gebe. Die Frage sei immer, ob es sich bei dem Auszug um ein urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk handele. Hier sei auch bei kurzen Textauszügen Vorsicht geboten. Sie empfiehlt, vor Verwendung der Rezensionsauszüge beim jeweiligen Verlag anzufragen und die Rechte gegebenenfalls gegen Zahlung einer Lizenzgebühr einzuholen - oder auf die Verwendung der Pressestimmen zu verzichten.

Zudem rät sie dem stationären Buchhandel ebenfalls davon ab, Rezensionen oder Rezensionsauszüge als Mittel der Verkaufsempfehlung einzusetzen.