Gastspiel

Musik hat bleibenden Wert

26. Februar 2015
von Börsenblatt
Was Komponisten von Bäckern unterscheidet. Harald Heker, Vorstandsvorsitzender der GEMA, über das Gerichtsurteil im Streit zwischen der GEMA und YouTube.
Die aktuelle Diskussion rund um das Urheberrecht hat in den letzten Wochen immer mehr an Fahrt gewonnen. Prominente Urheber wie Sven Regener oder Jan Delay haben klar Stellung bezogen. Pro Urheberrecht.

Worüber reden wir dabei? Im Kern der Sache geht es darum, dass Urheber in Deutschland das Recht haben, für ihre Leistung – ihre kreative Arbeit – angemessen entlohnt zu werden. Im Internet dagegen hat sich eine immer weiter zunehmende "Umsonst-Kultur" entwickelt. Alles soll jederzeit und überall verfügbar sein – und das bitte kostenfrei. Das Internet macht so das vom Urheber geschaffene Werk beliebig erhältlich und reproduzierbar. Aber: Urheber sind keine Bäcker, die jeden Tag neue Brötchen backen und verkaufen. Ihr Werk hat Bestand. Daher kommt die Erwartungshaltung der "Umsonst-Kultur" einer Enteignung gleich.

In Sachen YouTube hat die GEMA im Interesse ihrer Mitglieder, der Komponisten, Textdichter und Musikverleger, lange gekämpft und jetzt, am vergangenen Freitag, einen wichtigen Erfolg errungen. Bereits 2008 haben wir als erste Verwertungsgesellschaft einen Vertrag mit YouTube geschlossen, und seitdem dieser Vertrag ausgelaufen ist, versuchen wir einen neuen Vertragsabschluss zu erreichen – bislang ohne Erfolg. Wir sind mit großen Schritten auf YouTube zugegangen. Aber nach geltendem deutschen Recht ist es einfach nicht zulässig, die Vergütung der Urheber an den Geschäftserfolg der Plattform zu koppeln. Genau das wäre jedoch der Fall, wenn wir uns den Forderungen von YouTube beugen und uns auf die reine Regelvergütung bei werbefinanzierten Streamingdiensten, sprich 10,25 Prozent der auf Musiknutzung zurückzuführenden Nettoeinnahmen, einlassen würden. Denn: Die Urheber dürfen nicht darunter leiden, dass YouTube sie eventuell nicht einkalkuliert hat.

Nach dem Abbruch der Gespräche mussten wir im Interesse unserer Mitglieder den aktuellen Rechtsstreit einleiten. Es handelt sich hier um einen Präzedenzfall, um die Haftung von Plattform-inhabern in Deutschland zu klären. Im Zuge dessen haben wir von YouTube lediglich die Sperrung von zwölf exemplarischen Werken aus dem Repertoire der GEMA gefordert. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir bedauern sehr, dass YouTube-Nutzer das traurige Gesicht vor gesperrten Inhalten viel öfter zu sehen bekommen. Diese weiteren Sperrungen haben wir nicht veranlasst, YouTube hat sie von sich aus vorgenommen.

In Hamburg haben die Richter entschieden, dass YouTube haftet. YouTube muss, wie auch Firmen mit einem ähnlichen Geschäftsmodell, dafür sorgen, dass der Schutz der Urheber gewährleistet wird. Als sogenannter Störer muss YouTube für die nutzergenerierten Inhalte selbst technische Maßnahmen zum Schutz unseres Repertoires ergreifen und kann diese Verpflichtung nicht einfach auf die Rechte-inhaber abwälzen. Dazu müssen jetzt neben dem bereits bestehenden Content-ID-Verfahren auch Wortfilter eingesetzt werden – eine nächste Sicherheitsstufe für Urheber.

Bedeutet dies, dass wir jetzt losstürmen und weitere Löschungen von YouTube fordern werden – jetzt, da das Gericht uns recht gegeben hat und wir über die entsprechende Handhabe verfügen? Nein, das ist nicht unser Ziel. Wir wollen uns möglichst schnell wieder mit YouTube an den Verhandlungstisch setzen und gemeinsam ein Ergebnis erarbeiten. Denn schließlich geht es uns darum, dass die Urheber in Deutschland zu ihrem Recht kommen und auch von YouTube eine angemessene Vergütung für ihre Leistung erhalten.