drupa 2012

Apenberg: „Druckereien nur über den Preis auszuwählen ist anachronistisch"

3. Mai 2012
von Börsenblatt
Die Druckindustrie macht Schlagzeilen – mit Insolvenzen, aber auch mit neuen Angeboten. Wie sich die Veränderungen in der Buchbranche auswirken? Und wo Druckereien noch Luft sehen? Antworten von Michael Apenberg, Geschäftsführer von Apenberg+Partner/Print Business Consultants in Hamburg.
Wer die Fachpresse verfolgt, liest zur Zeit regelmäßig über drohende und eingetretene Insolvenzen von Druckunternehmen. Ist die Lage wirklich so dramatisch, wie es manchmal aussieht?
Michael Apenberg: Die Branche befindet sich in einem Strukturwandel. Bis zum Jahre 2015 erwarten wir einen Rückgang der Unternehmen von heute 9.746 Unternehmen auf zirka 8.500. Die Zahl der Insolvenzen geht seit 2010 im Vergleich zu den Vorjahren kontinuierlich zurück.

Im Buchhandel entwickeln sich die Umsätze derzeit eher rückläufig. Inwiefern wirkt sich das auf die Druckindustrie aus? Erhöht sich insgesamt der Preisdruck?
Apenberg: Die Buchverlage versuchen ihre rückläufigen Einnahmen durch Verbesserungen auf der Kostenseite auszugleichen. Davon bleiben die Drucklieferanten natürlich nicht verschont. Bedauerlich ist dabei jedoch, dass Kosteneinsparungen nur über den Einkaufspreis realisiert werden. Effizienter und kostensparender wäre es, wenn Verlag und Druckerei eine echte Partnerschaft eingehen und Herstellungsprozesse gemeinsam optimieren.

Wie reagieren denn die Druckunternehmen auf diesen Preisdruck?
Apenberg: Einige Druckereien haben in den letzten Jahren neue Geschäftsmodelle realisiert. Vom Redaktionssystem bis zum Digitaldruck bieten innovative Druckereien ganzheitliche Lösungen für die gesamte Wertschöpfungskette eines Buchverlages an.

Welche Trends können die Druckbranche – und mit ihnen die Buchverlage – in die Zukunft führen? Es gibt inzwischen ja viele Möglichkeiten wie Veredelungen, Print-Online-Schnittstellen wie Augmented Reality oder maßgeschneiderte Publikationen.
Apenberg: Druckereien entwickeln sich zu Mediendienstleistern die „auch“ drucken. Die Digitalisierung der Herstellungsprozesse erfordert einen medienneutralen Herstellungsprozess und eine schlanke Produktion. Auf der anderen Seite müssen sich Buchverlage auch am Point-of-Sale bemerkbar machen, sodass Veredelungen zur Produktdifferenzierung immer wichtiger werden.

Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Digitalisierung von Inhalten in den nächsten fünf Jahren auf den Buchhandel und die Druckbranche auswirken?
Apenberg: Wir gehen davon aus, dass im Jahre 2015 zirka 30 Prozent aller Bücher als E-Book vermarktet werden. Darauf haben sich Druckereien eingestellt und bieten entsprechende Lösungen.

Bisher war die Druckbranche in Deutschland eher mittelständisch geprägt. Welche Folgen hat der Strukturwandel – werden nur die „Dickschiffe“ übrig bleiben?
Apenberg: Die Digitalisierung der Herstellungs- und Kommunikationsprozesse bietet enorme Chancen für das Wachstum. Gerade für kleinere Verlage liegt hier eine Chance. Die Verlage müssen jedoch bereit sein, mit einem ausgesuchten strategischen Partner enger als bisher zusammen zu arbeiten. Den Drucklieferanten
nur über den Preis auszuwählen ist anachronistisch und verhindert nachhaltige Kosteneinsparungen.