Kommentar: "Schwarzbuch WWF"

Jetzt erst recht – oder lieber nicht?

5. Juni 2012
von Börsenblatt
Der WWF geht juristisch gegen das "Schwarzbuch WWF" vor – etliche Grossisten und Online-Buchhändler haben das Buch daraufhin schon vor einem Gerichtsentscheid aus dem Programm genommen. "Der WWF-Streit zeigt, wie Vertriebskanäle ruck, zuck verengt werden können", meint Börsenblatt-Redakteurin Sabine Cronau.
Nur keine Beißhemmungen: Wer Titelseiten textet, muss auf die Sahne hauen. Sonst liest es ja wieder kein Schwein. "Buchhandel kuscht vor WWF": Diesen Köder warf die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" am Wochenende auf Seite 1 aus. Die perfekte Schlagzeile zum Streit um Wilfried Huismanns "Schwarzbuch WWF".

Die Wahrheit ist auch hier komplizierter. Vor dem WWF zu kuschen – das würde bedeuten, andere Maßstäbe anzulegen als sonst. Glaubt man Amazon, Thalia und KNV, die das Buch nach dem Eingang eines anwaltlichen Schreibens aus der Datenbank genommen haben, dann ist es zwar kein automatisiertes, aber zumindest ein "übliches Verfahren", Titel, um die ein Rechtsstreit entbrannt ist, bis zur Klärung auf Eis zu legen. Und überhaupt: Wer ist "der Buchhandel"? Kann das ganze Sortiment in Sippenhaft genommen werden für eine Entscheidung von wenigen Großen, die sich jetzt den Vorwurf des vorauseilenden Gehorsams gefallen lassen müssen?

"Jetzt erst recht" oder "dann lieber nicht": Das sind die Pole, zwischen denen sich der Buchhandel im WWF-Streit bewegt. Die Großen (die angeschrieben wurden) nehmen den Titel aus dem Programm, wohl auch mit Blick auf die einstweilige Verfügung, die der WWF schon gegen Huismanns Film erwirkt hat. Kleinere Akteure wie René Kohl (Kohlibri) setzen ihn auf die Empfehlungsliste. Und stärken das Selbstverständnis der Branche, Meinungsfreiheit auch bei wirtschaftlichem Gegendruck hochzuhalten.

Der Fall WWF macht zweierlei ganz deutlich: Erstens können die Vertriebskanäle ruck, zuck und wirkungsvoll verengt werden, wenn eine einschlägige Anwaltskanzlei Briefe an die Schaltzentralen der Branche verschickt. Zweitens wird der Streit um Wahrheitsgehalt oder Persönlichkeitsrechte, der Autor, Verlag und klagende Gegenpartei betrifft, mehr und mehr auf dem Rücken des Handels ausgetragen. Eine aufrechte Haltung steht der Branche dabei besser als eine vorsorglich gebeugte.