Die Sonntagsfrage

Remissionen: Woher kommen die Millionen?

24. Juni 2012
von Börsenblatt
Die Zahl der Rücksendungen hat im vergangenen Jahr alle Rekorde gebrochen: Knapp 30 Millionen Bücher wurden remittiert, der aktuellen Logistikumfrage zufolge stieg die Quote auf 7,95 Prozent. Können Buchhändler und Verlage nicht richtig rechnen? Woher kommen die Millionen? boersenblatt.net hat nachgefragt, bei Franziska Bickel – Buchhändlerin in Schweinfurt und Vorsitzende der AG Pro des Börsenvereins.
Da kommt viel zusammen, auf allen Seiten. Ein Faktor, der sicher nach wie vor ins Gewicht fällt, sind Aktionen. Um den Buchhandel zu überzeugen, werden sie von Verlagen gern mit attraktiven Konditionen garniert - und obendrauf gibt es dann noch ein volles Remissionsrecht. Was eigentlich eine gute Sache ist, verkehrt sich allerdings schnell ins Gegenteil: Dann nämlich, wenn es nicht klappt und die Titel liegenbleiben. Und das ist keine Seltenheit. Solange das Remissionsrecht für Verlage also ein Verkaufsargument ist, sie diese Hintertür so weit öffnen und ihre Vertreter damit werben lassen, wird sich an diesem Kreislauf wenig ändern.

Nächster Faktor: 2011 haben viele Buchhändler ihre Lager neu gewichtet, einzelne Segmente verstärkt und andere dafür verkleinert. Auch das hinterlässt bei der Remissionsquote seine Spuren. Ich schließe nicht aus, dass es hier und da auch sogenannte Entlastungsremissionen gab. Das heißt: Dass Buchhändler, weil vorübergehend die Liquidität fehlte, Bücher zurückgeschickt haben und sich auf diesem Weg Gutschriften für neue Einkäufe sicherten. Nicht übersehen sollte man in diesem Kontext auch die Probleme der Filialisten: Wenn die Großen ihre Buchflächen reduzieren und einzelne Filialen sogar komplett aufgeben, verursacht das in gewissem Umfang ebenfalls Rücksendungen. Zwangsläufig.

Remissionen verursachen immense Kosten - Kosten, die zum großen Teil völlig unnötig sind. Im Grunde ist es unglaublich, was wir uns da leisten. Doch so hoch die Quote jetzt auch ist (manche schicken immer noch 20 bis 25 Prozent ihrer Einkäufe zurück), und so desaströs ich diese Entwicklung auch finde: Ganz ohne wird es nicht gehen. Bei den Remissionen eine Nullquote zu erreichen, ist schlicht nicht möglich, allein deshalb, weil es Neuauflagen gibt. Außerdem braucht der Handel Spielraum, um Neues auszuprobieren - und Verlage letztlich auch.

 
Die Arbeitsgruppe Prozesse, Rationalisierung, Organisation/ AG Pro des Börsenvereins hat 2009 das Remissions(un)wesen in der Branche untersucht und
Empfehlungen formuliert.