Luchterhand

Rolle in NS-Zeit soll geklärt werden

12. August 2012
von Börsenblatt
Der Luchterhand Literaturverlag will Medienberichten zufolge seine Geschichte während der NS-Zeit "rückhaltlos aufklären". Damit reagiert der Verlag, der zu Bertelsmann gehört, auf Vorwürfe die die Berliner "Tageszeitung" in Bezug auf die Übernahme der Druckerei Scholz erhoben hat.
Die Berliner "Tageszeitung" wirft im Artikel "Das braune Kapitel" dem früheren Luchterhand Verlag vor, dass der damalige Verleger Heinz Luchterhand und sein Prokurist Eduard Reifferscheid die Druckerei von Otto Heinrich Scholz in Berlin möglicherweise durch unlautere Mittel zu einen niedrigen Preis übernommen hätten. Scholz und seine jüdische Lebensgefährtin und spätere Ehefrau Meta Müller waren aufgrund massiver Repressalien der Machthaber nach England geflohen - Luchterhand zunächst als Partner in Deutschland eingestiegen. Danach hätte Luchterhand ein Ausbürgerungsverfahren angestrengt und Scholz so vollends aus seiner Druckerei gedrängt. Das Ehepaar prozessierte nach 1945 wegen einer Entschädigung, aber erst 1961 kam es zu einem Verglech. Der Luchterhand Verlag habe dieses Kapitel seiner Geschichte bislang nicht aufgearbeitet, so die taz.

Der Luchterhand Literaturverlag hat daraufhin eine "rückhaltlose Aufklärung" der Verlagsgeschichte in der NS-Zeit angekündigt, schreibt der "Tagesspiegel". Sollten die Taz-Vorwürfe zutreffen, "wäre dies extrem bestürzend und zutiefst beschämend", habe Luchterhand-Verleger Georg Reuchlein in einer Rundmail an die Verlagsautoren mitgeteilt.

Der Luchterhand Verlag, 1924 von Hermann Luchterhand gegründet, wurde 1987 an die niederländische Verlagsgruppe Wolters Kluwer verkauft, die kurz darauf den literarischen Teil des Hermann Luchterhand Verlags an die Arche Verlag AG Zürich weitergab. Seitdem firmiert dieser Teil des Verlags unter dem Verlagsnamen Luchterhand Literaturverlag; daneben gibt es weiterhin den Luchterhand-Fachverlag bei Wolters Kluwer Deutschland. 1994 erwarb der Münchner Wirtschaftsanwalt Dietrich von Boetticher den Literaturverlag, von dem ihn die Verlagsgruppe Random House (Bertelsmann) im Oktober 2001 übernahm.

Nachtrag: Am 13. August veröffentlichte der Luchterhand Literaturverlag eine Pressemitteilung zu den Vorwürfen.  Hier geht es zu dieser. Angekündigt wird darin erneut die wissenschaftliche Aufarbeitung der Verlagsgeschichte im Dritten Reich.