Kommentar zu Webshops

Relevanter Buchhandel gewinnt

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Amazon schlägt alle Rekorde. Eins wird dabei aber oft vergessen: Größe und Relevanz eines Webshops müssen nicht ursächlich zusammenhängen. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteurin Sandra Schüssel.

Ein Leser, der bei einem kleinen, feinen Shop genau die Bücher findet, die zu ihm passen, könnte dort viel mehr Geld lassen als bei einem großen Händler mit hoher Dichte an Irrelevanz. Neue Shop-Konzepte wie das US-Start-up Zola Books oder das ProtoType-Projekt 1Step2Book machen Schluss mit der Benchmark Amazon. Statt auf Masse setzen sie auf eine bewusst reduzierte Auswahl. Soweit nichts Neues. Buchhändler tun das schon lange, zumindest im Stationären. Die Idee geht aber tiefer: Der Buchhändler fungiert als Beziehungsbroker. Wer ist interessant für wen? Der Krimifan folgt der Empfehlungsliste seines Lieblingsautors. Der Gartenfreund liest die Buchtipps eines Botanikers. Leser, die bestimmte Magazine lieben, werden auch deren Buchvorschläge schätzen. Freunde folgen den Listen ihrer Freunde. Allgemeine Bestseller-Rankings erscheinen gegen diese Passgenauigkeit wie ein Relikt aus alter Zeit. Sie stiften Ordnung, selten Orientierung.

In einem System der Relevanz kehren Verlage zurück in die Sichtbarkeitszone. Mit ihrem Programm vertreten sie eine Haltung, die ihre Anhänger hat. Wieso sollte so nützliche Orientierungshilfe konsequent unter Wert verkauft werden, wie es Amazon tut? Dort findet man die Verlagsnamen allenfalls unter den Produktinfos.

Auf der Basis von Beziehungen wird Stöbern erst richtig interessant. Warengruppenzuordnungen, die Fußketten, die Bücher in Onlineshops ständig davon abhalten, sich mit Artfremden zu verbinden, spielen in diesen bunt gemischten Schatzkisten keine Rolle.

Richtig angepackt, könnte das E-Stöbern der Buchhandlung vor Ort den Rang ablaufen. Es sei denn, der Händler setzt im Internet selbst auf Relevanz statt Masse – und lässt sich auf eine Konkurrenz zu Amazon erst gar nicht ein.

Lesen Sie dazu auch den Beitrag "Lösungen für die digitale Buchwelt" im aktuellen Börsenblatt, Heft 42, Seite 16/17.