Bericht zur Lage der Bibliotheken 2012

Starker Finanzdruck und Magenschmerzen beim E-Book

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Der dbv übte bereits im Vorfeld zur Veröffentlichung des gerade veröffentlichten Jahresrapports scharfe Kritik in Sachen Digitalisierung und Steuerpolitik: "Der dbv fordert die Gleichbehandlung von elektronischen und gedruckten Informationen", lautet eine der Forderungen.

Aufregung um die E-Book-Leihe
Rund ein Viertel der öffentlichen Bibliotheken beteiligt sich mittlerweile an der Onleihe, teilt der dbv mit. "Manche Verlage haben allerdings ernsthafte Bedenken bezüglich der Ausleihe von E-Books durch Bibliotheken", heißt es in einer Pressemitteilung, die dem Jahresbericht vorausging. Manche Verlage würden das Gratis-Leihmodell der Bibliotheken als Geschäftsgefährdung betrachten, "mit dem Argument, dass Leser E-Books nicht mehr kaufen würden, wenn sie diese ausleihen können." Andere seien besorgt, dass der Verleih von E-Books zu Raubkopien führen könnte. "Dann gibt es auch Verlage, die die demokratisch und konstitutionell legimitierten Aufgaben der öffentlichen Bibliotheken auf die Versorgung der Armen und Schwachen eingrenzen wollen."

Eines der größten aktuellen und vor allem perspektivischen Probleme für Öffentliche Bibliotheken ist laut Meinung des dbv, "dass der Erschöpfungsgrundsatz bisher nicht auf die digitale Welt erweitert wurde." Rechteinhabern stehe es darum "unter den gegebenen gesetzlichen Bedingungen völlig frei, zu entscheiden, ob sie den Zugang zu einem bestimmten Werk gewähren möchten und zu welchen Bedingungen." Folge: Die Bibliothek kann ohne die Erlaubnis des Rechteinhabers keine E-Books lizenzieren (und nicht verleihen).  "Bibliotheken verlieren somit die Kontrolle über ihren Bestandsaufbau und das Bestandsmanagement", prangert der Bibliothekarsverband an.

"Die mangelnde Bereitschaft einiger Verlage, ihre Inhalte für Bibliotheken zu lizenzieren, wird sich auf die Aufgabe Öffentlicher Bibliotheken, umfassende Kultur- und Informationsdienstleistungen und qualitätsvolle Auswahl für alle Bürger anzubieten, empfindlich auswirken", kritisiert der Verband.

Weitere Kritikpunkte

  • Bibliothektstantieme

"Es wäre im Sinne des dbv, wenn die Bibliothekstantieme auch auf E-Books ausgedehnt werden würde."

  • Mehrwertsteuer

"Für gedruckte Bücher und Zeitschriften gilt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent, für elektronische Ressourcen gelten 19 Prozent. Der volle Mehrwertsteuersatz auf elektronische Informationsressourcen gleicht einer Steuer auf Wissen. Der dbv fordert hier die Gleichbehandlung von elektronischen und gedruckten Informationen."


Zahlen und Fakten
Im Jahresbericht zur Lage der Bibliotheken ist zu lesen, das 20 Prozent der 10.361 Bibliotheken in Deutschland an der Onleihe teilnehmen. 472.000.000 Medien werden jährlich entliehen - E-Books, Spiele, CDs und Bücher zusammengenommen. 330.000 Veranstaltungen pro Jahr durchgeführt. 31,6 Prozent der befragten Bibliotheken gaben an, in Buchhändlern häufige Kooperationspartner zu haben. Öfter kamen Grundschulen (97,5 Prozent), Kitas (95,7 Prozent) oder Volkshochschulen (51,7 Prozent) zum Zuge.

Urheberrecht
Dringenden Handlungsbedarf sehen die Bibliotheken bei der gesetzlichen Neuregelung zu verwaisten und vergriffenen Werken. Den Bibliotheken ist es nicht möglich, ihre Bestände zu digitalisieren und Ihren Nutzern in adäquater Form zur Verfügung zu stellen - das könnte die Bibliotheken aufs Abstellgleis führen, so die Befürchtung.

Finanzielle Lage
"Die Finanzlage der Öffentlichen Bibliotheken bleibt unbefriedigend", heißt es im Jahresbericht. Dass die Kürzungen nicht mehr ganz so stark seien wie im Jahr 2011, könne nur als "Verschnaufpause" gewertet werden. Das "Spardiktat" halte flächendeckend weiter an. Chronisch unterfinaziert sei auch die Restaurierung alter Werke. Zehn Millionen Euro jährlich seien hier notwendig, mit 600.000 Euro müssen sich die Bibliotheken begnügen.

Zum aktuellen Jahresbericht zur Lage der Bibliotheken geht es hier.