Mehrwertsteuer für E-Books

EU-Kommission: "Spürbare Wettbewerbsverzerrungen"

25. Oktober 2012
von Börsenblatt
Die EU-Kommission hat Frankreich und Luxemburg dazu aufgefordert, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für E-Books zu ändern – innerhalb eines Monats. Und verfolgt bei dem Thema offenbar Harmonisierungspläne.

Seit dem 1. Januar 2012 gilt in Frankreich und Luxemburg ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz für E-Books (sieben beziehungsweise drei Prozent), was aus Sicht der EU-Kommission nicht mit den geltenden Bestimmungen der Mehrwertsteuer-Richtlinie vereinbar ist. Denn: "Gemäß dieser Richtlinie sind E-Books auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen, die nicht zum ermäßigten Satz besteuert werden können", heißt es in einer aktuellen Mitteilung.

Diese Situation schaffe spürbare Wettbewerbsverzerrungen in den anderen 25 Mitgliedstaaten der EU, da Verbraucher E-Books ganz einfach in einem anderen Mitgliedstaat erwerben könnten und nach derzeit geltendem Recht die Mehrwertsteuersätze des Mitgliedstaats des Dienstleisters und nicht des Verbrauchers angewandt würden. Die Kommission hat nach eigener Aussage von mehreren Finanzministern Beschwerden erhalten, die auf die negativen Auswirkungen auf den Verkauf von Büchern in ihrem jeweiligen Markt hingewiesen haben.

Weiter heißt es: "Die Kommission ist sich der unterschiedlichen Behandlung von elektronischen und gedruckten Büchern und der Bedeutung von E-Books voll bewusst. Im Zuge der neuen Mehrwertsteuer-Strategie hat die Kommission mit den Mitgliedstaaten eine Debatte zu diesem Thema angestoßen und wird voraussichtlich bis Ende 2013 entsprechende Vorschläge vorlegen."

Als  "Hüterin der Verträge" lege sie bis dahin jedoch Wert darauf, dass die Mitgliedstaaten die Vorschriften zur Mehrwertsteuer einhalten würden, die sie selbst einstimmig angenommen hätten.

Die Kommission hat die beiden Mitgliedstaaten deshalb jetzt schriftlich dazu aufgefordert, ihr nationales Recht innerhalb eines Monats in Einklang mit dem EU-Recht zu bringen. Dabei handelt es sich um die so genannte "zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens", das im Juli 2012 mit einem ersten Schreiben eingeleitet worden war. Werden Frankreich und Luxemburg nicht aktiv, so kann die Kommission beschließen, den Europäischen Gerichtshof anzurufen.

Das Ungleichgewicht, das derzeit auf dem europäischen E-Book-Markt herrscht, war auch ein Thema auf der Frankfurter Buchmesse gewesen. Die großen, internationalen E-Book-Akteure wie Amazon und Apple agieren alle von Luxemburg aus, wo derzeit für E-Books ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von drei Prozent gilt – in Deutschland wird der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent herangezogen.

Bei einer Podiumsdiskussion zum 10. Geburtstag des Preisbindungsgesetzes hatte Weltbild-Chef Carel Halff deshalb auf der Messe deutlich gemacht, dass ein fairer Handel ohne Wettbewerbsverzerrung und Monopolstrukturen für ihn auch, aber nicht allein an der Preisbindung hänge: Wenn Amazon und andere Player im E-Book-Handel durch den Sitz in Luxemburg und die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze einen Margen-Vorteil von 16 Prozentpunkten hätten, dann seien das unfaire Wettbewerbsbedingungen: "Sollte der ordnungspolitische Rahmen neu gestaltet werden, dann bitte konsistent und einheitlich".

Schon Ende 2011, kurz vor der Neuregelung in Luxemburg, hatte der Europäische Verleger-Verband FEP die Sorge geäußert, dass "Internetfirmen wie Amazon und Apple, die ihr Europa-Geschäft von Luxemburg aus betreiben, die Hauptprofiteure dieser Regelung sein werden". Er setzt sich deshalb wie der Börsenverein für eine Harmonisierung der Steuersätze ein.

2015 steht ohnehin eine Neuregelung vor der Tür: Ab dann soll bei elektronisch übermittelten Gütern, die von Endkunden gekauft werden, das sogenannte Bestimmungsland-Prinzip gelten. Bis dahin allerdings können, falls die EU-Kommission nicht vorher eingreift, Luxemburger Firmen weiterhin von der Mehrsteuerdifferenz profitieren. Das EU-Parlament hatte sich schon vor einem Jahr grundsätzlich mit dem Mehrwertsteuerthema befasst und die EU-Kommission aufgefordert, einen früheren Termin für die Bestimmungsland-Regelung zu prüfen.