Gestorben

Antiquar Karl Hartung gestorben

29. Oktober 2012
von Börsenblatt
Im Alter von 98 Jahren ist am vergangenen Freitag, 26. Oktober, der Münchner Antiquar und Auktionator Karl Hartung verstorben. Einer der bedeutendsten und einflussreichsten deutschen Antiquare seiner Zeit.

Karl Hartung, geboren am 4. September 1914 im österreichischen Bad Ischl, trat 1929 auf Vermittlung von Curt von Faber du Faur als Lehrling in das Haus Karl & Faber in München ein. Zu den frühen Höhepunkten seiner Berufstätigkeit zählte die Bearbeitung der berühmten Oettingen-Wallersteinschen Bibliothek, zusammen mit Georg Karl (die Versteigerungen mit Material aus dieser Bibliothek fanden in den Jahren 1931 bis 1937 statt).

Die alliierten Luftangriffe auf München, die weite Teile der Innenstadt in Schutt und Asche legten, überdauerte das Auktionshaus in Murnau am Staffelsee. Nach Marinedienst und Gefangenschaft wirkte Karl Hartung ab 1946 über viele Jahre engagiert am mühsamen Wiederaufbau der Branche nach dem Zweiten Weltkrieg mit. Im Januar 1966 wurde er mit einem Anteil von 30 Prozent Mitinhaber von Karl & Faber, 1972 erfolgte die Gründung der eigenen Firma Hartung & Karl (die Kunstauktionen wurden weiterhin von Karl & Faber durchgeführt).

In diesen Jahren bot Karl Hartung auch regelmäßig dem jährlichen Seminar für Antiquare gastfreundliche Unterkunft in seinen Räumlichkeiten. Weggefährtin Hartungs im "Fortbildungsausschuss", der das Seminar organisierte, sowie in verschiedenen weiteren Branchenangelegenheiten war die zwei Jahre ältere Kollegin Lotte Roth-Wölfle, die Karl Hartung nun um genau 18 Monate überlebt hat.

In der Festschrift "Varia Antiquaria", die Hartung 1994 zur Vollendung seines 80. Lebensjahrs erhielt, heißt es in einem Beitrag Lotte Roth-Wölfles unter anderem: "Durch die Pflege der deutschen Literatur, des schönes illustrierten Buches, seltener Kinderbücher und alter Graphik zog Karl Hartung dem Münchner Antiquariat einen dauerhaft interessierten Sammlerstand heran. Hier konnte der Sammler immer einer guten Beratung sicher sein. In dieser echten Vertrauensstellung zwischen Antiquar und Sammler verkörpert Karl Hartung die alte seriöse Schule."

Karl Hartung entscheidende Mitwirkung an der "Wiedervereinigung" der in zwei zerstrittene Lager aufgeteilten westdeutschen Antiquare, im März 1968 nach schwierigen Verhandlungen im Buchhändlerhaus im Großen Hirschgraben in Frankfurt am Main vollzogen, hat Karl H. Pressler als ebenfalls am Geschehen beteiligter Zeitzeuge in einer Würdigung zum 80. Geburtstag in der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat" hervorgehoben.

Zum 1. Juli 1989 erfolgte die Änderung der Firmierung in Hartung & Hartung; das Haus am Karolinenplatz wird seit längerem vom Sohn Felix J. Hartung geführt.

Eine persönliche Rückschau auf ein langes und bewegtes berufliches Wirken findet sich in dem Beitrag "80 Jahre Antiquar – Karl Hartung erzählt aus seinem Leben. Gekürzte Fassung eines Gesprächs mit Reinhard Wittmann bei den Münchner Bibliophilentagen am 23. Mai 2008" (abgedruckt in: Imprimatur. Ein Jahrbuch für Bücherfreunde 21/2009, S. 287–302).

Die Trauerfeier und anschließende Beisetzung finden, wie die Familie mitteilt, am Mittwoch, 31. Oktober, um 14:30 Uhr auf dem Westfriedhof München statt.

Ein Nachruf in der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat" (Ausgabe 1/2013) folgt.