Noten im Buchhandel: Interview mit Thomas Bez

"Die Barsortimente sind in Vorleistung getreten"

13. Dezember 2012
von Börsenblatt
Trotz Notwendigkeit zur Diversifizierung ihres Sortiments scheuen viele Buchhändler, eine eigene Musikalienabteilung zu führen und ihren Kundenstamm durch das Besorgunsgeschäft von Noten zu erweitern. Ein Gespräch mit Umbreit-Geschäftsführer Thomas Bez.

Die Zurückhaltung im Buchhandel beim Musikaliengeschäft ist groß. Sogar Thalia präsentiert pünktlich zum Weihnachtsgeschäft zwar in rund 100 Buchhandlungen Musik-CD-Bestseller, führt aber nur zehn umfangreichere Musik-Abteilungen. Noten werden nirgendwo besorgt. Auch die Zahl de inhabergeführten Sortimente ist klein, die im Notenhandel aktiv sind. Fehlt den Buchhändlern das Interesse oder notwendige Know-how, um eine Musikalienabteilung oder das Besorgungsgeschäft mit Noten aufzubauen?
Ob den Buchhändlern das Interesse fehlt, um eine Musikalienabteilung aufzubauen, kann ich nicht sagen. Ich hoffe und wünsche mir, dass Musikverleger, Barsortimente und Fachpresse dieses Interesse wecken können, denn in einem schrumpfenden Markt (wie dem Sortimentsbuchhandel) wird die Diversifikation immer wichtiger werden, ohne dass man sich dabei verzetteln darf. Mit Musikalien erreicht die Buchhandlung aber dasselbe Publikum, denn die meisten Hobby- und Berufsmusiker lesen gerne und wissen, dass sie in der Buchhandlung beraten werden; aber sie wissen bisher noch nicht, ob und wann Musikalien ins Sortiment aufgenommen werden und das Know how dafür vorhanden ist. Hier gab es Angebote zur Schulung, zum Beispiel bei unserem UmbreitColleg. Sie sind allerdings bisher nicht in ausreichendem Maße wahrgenommen worden. Bei entsprechendem Interesse würden wir zusammen mit unserem Kooperationspartner MGS Loib noch einmal ein entsprechendes Angebot machen.

Wo liegen die Unterschiede zwischen dem Besorgungsgeschäft von Noten und Büchern?
Noten zu besorgen ist nicht ganz so einfach, wie es aussieht. Es gibt die Barsortimente und die Musikgroßhändler als Hintergrundlager für Noten, so wie es die Buchhändler gewohnt sind, die Barsortimente als Hintergrundlager für Bücher zu nutzen. Die Bibliographie ist trotz der Ähnlichkeit von ISBN und ISMN schwieriger. Die Musikverlage versuchen auch deshalb, ihre Titel (Gesangbücher, Liederhefte und Noten) im VLB unterzubringen, denn gerade größere Verlage wollen auf Dauer keine doppelten Kosten tragen.

Was sollten Buchhändler beachten, die ihr Sortiment um Musikalien erweitern möchten?  
Wenn Buchhändler in das Geschäft mit Musikalien einsteigen, dann müssen sie dafür werben: im Schaufenster, bei ihren Kunden und überall dort, wo "die Musik spielt" - also bei Musikschulen, Orchestern, Chören usw. Vielleicht sind diese Kunden aus dem E-Commerce (Internethandel) zurückzugewinnen, wenn sie die Erfahrung machen, dass sie vor Ort beraten werden, wenn Buchhandlungen bei ihren Mitarbeitern oder bei einem Spezialisten im Haus das notwendige Know how aufbauen.

Wie kann man von Seiten des Zwischenbuchhandels und der Verlage Abhilfe schaffen?
Der Zwischenbuchhandel ist bereits in Vorleistung gegangen, denn alle Barsortimente führen Noten (Musikalien) und kooperieren nicht nur mit Musikverlagen, sondern auch mit Musikgroßhändlern, um die vielfältigen Besorgungswünsche möglichst schnell, im Idealfall über Nacht (wie bei Büchern) erfüllen zu können. Die Musikverlage sind in Verhandlung mit dem VLB, damit dort möglichst alle Musikalien/Noten verzeichnet sind, und mit entsprechenden Seminaren/Schulungen (siehe oben) können die Barsortimente, die Musikverlage und die Musikgroßhändler interessierte Buchhändlerinnen und Buchhändler in die Geheimnisse der Musik im Allgemeinen und der Musikalien (Noten) im Besonderen einführen."Es gibt viel zu tun, packen wir’s (gemeinsam) an!“

Fragen: Kai Mühleck