Interview mit Douglas-Chef Henning Kreke

"Auch in fünf Jahren wird es noch einen stationären Buchhandel geben"

24. Januar 2013
von Börsenblatt
Thalia befindet sich mitten im Restrukturierungsprozess und kostet Douglas derzeit jede Menge Geld. Im Interview mit boersenblatt.net blickt Henning Kreke, Vorstandsvorsitzender des Konzerns, auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Hausherrn Advent International sowie auf die Herausforderungen, die Thalia und die Buchbranche zu meistern haben.

Für Thalia ist das Weihnachtsgeschäft zugleich das erste Quartal des neuen Geschäftsjahres. Wie verlief der Jahresauftakt?
Kreke: Das Weihnachtsgeschäft war bei Thalia, wie meiner Einschätzung nach überall in der Buchbranche, ganz ordentlich. Wir fanden es prima, dass die Bemühungen des vergangenen Jahres erste Früchte getragen haben. Zum einen, weil wir einiges umgestellt haben im Zuge der Neuausrichtung von Thalia – hier hat das gesamte Thalia-Team ein enorm hohes Engagement gezeigt, das absolut nicht selbstverständlich ist. Zum anderen gab es auch einige starke Titel, die dazu geführt haben, dass die Kunden in die Buchhandlungen gekommen sind. Das Gleiche gilt auch für den Online-Buchhandel. Der Trend verfestigt sich, nicht nur bei Thalia, dass viele Kunden - mittlerweile mehr als 60 Prozent - sowohl stationär als auch im Internet einkaufen. Deswegen ist es vorteilhaft, dass Thalia mit Thalia.de einen gut funktionierenden Online-Shop hat. Das Geschäft dort entwickelt sich gut und darauf setzen wir auch in Zukunft. Neben stationär und online ist die dritte Säule das digitale Geschäft. Thalia hat mit dem Bookeen ein wirklich tolles Gerät im Angebot. Der Bookeen-Reader kommt bei Kunden und Mitarbeitern sehr gut an und hat sich weit über unsere Erwartungen hinaus verkauft. Auch von der Möglichkeit, über den eReading-Shop Bücher herunterzuladen, machen die Kunden regen Gebrauch.

Verraten Sie uns Zahlen zum Geschäft mit E-Readern und digitalen Büchern?
Kreke: Wir beziffern das nicht öffentlich. Es sind noch überschaubare Größenordnungen, aber mit hohen Wachstumsraten. 

Seit etwa einem Jahr läuft das auf rund zwei Jahre angelegte Restrukturierungsprogramm von Thalia. Wie ist der Stand der Dinge? Und wie geduldig ist Advent International?
Kreke: Die Neuausrichtung betrifft nicht nur Thalia, sondern die gesamte Buchbranche. Ich glaube, mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass nicht nur wir da gefordert sind. Mit der Restrukturierung befinden wir uns auf Kurs. Wir haben ein Maßnahmenpaket verabschiedet, das es abzuarbeiten gilt. Aber es ist uns allen klar, dass das Ganze ein längerer Prozess ist, der nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann. Wir sind uns mit Advent International einig darüber, wo es mit Thalia hingehen soll und wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass es auch in fünf Jahren noch einen stationären Buchhandel geben wird.

Wo steht Thalia in fünf Jahren?
Kreke: Wir werden unsere marktführende Position weiter stärken und haben als Marktführer dazu eine gute Ausgangsposition. Im stationären Buchhandel werden wir die Flächen und die Flächenproduktivität weiter optimieren und die Verzahnung von stationärem und Online-Geschäft vorantreiben. Der Kunde hat häufig noch das Bild vor Augen, dass er einen Wettbewerbsvorteil hat, wenn er beim großen Wettbewerber kauft. Wir sind jedoch mit Thalia.de voll wettbewerbsfähig. Die Verzahnung von stationär und online betreiben wir nicht, um die Kunden aus dem stationären Geschäft zu vertreiben, sondern um ihnen vielmehr auf allen Kanälen erstklassigen Service und echte Vorteile zu bieten. Und auch das digitale Geschäft wird immer wichtiger. Daher wird sich Thalia auch hier weiter engagieren. Aber das gedruckte Buch wird nicht vom Markt verschwinden. 

Wie wird sich die Buchhandelsfläche von Thalia entwickeln?
Kreke: Ich gehe nicht zwingend von einer weiteren Reduzierung aus. Wir werden beobachten müssen, inwiefern die eingeleiteten Maßnahmen dazu führen, dass wir eine optimierte Flächenproduktivität erreichen. Aus heutiger Sicht sehen wir keine Veranlassung für Schließungen über den geplanten Umfang hinaus. Was jedoch immer eine Option bleibt, sind weitere Shop-in-Shop-Partner, die das Sortiment thematisch sinnvoll ergänzen.

Bald wird Douglas von der Börse genommen, die weitreichenden Publizitätspflichten entfallen. Was wird für Sie als Unternehmenslenker anders?
Kreke: Was sich wirklich ändert, ist, dass wir nicht mehr dauerhaftes Erwartungsmanagement betreiben müssen. Sie können selbst in Zeiten, in denen Sie richtig gut performen, enttäuschen, weil die Erwartungen höher waren. Sie können aber auch underperformen und alle sind erleichtert, weil sie dachten, es sei viel schlimmer. Erwartungsmanagement führt im schlechtesten Fall dazu, dass man nicht das macht, was für das Unternehmen am besten ist, sondern das, was der Kapitalmarkt erwartet. Uns geht es darum, die richtigen Entscheidungen für das Unternehmen dann zu treffen, wenn sie erforderlich sind. Und nicht dann, wenn sie dem Kapitalmarkt genehm sind. Uns erwarten jetzt kürzere und flexiblere Entscheidungswege. 

Am Dienstag war Ihre letzte Bilanzpressekonferenz. Sind Sie froh, dass Sie die Unternehmenszahlen künftig für sich behalten können?
Kreke: Wissen Sie, die Pressekonferenz haben wir immer gerne gemacht. Wir hatten über die Jahre im Großen und Ganzen eine faire und ausgeglichene Berichterstattung. Daher flüchten wir jetzt auch nicht vor der Presse, sondern verabschieden uns von der Börse.