Druckindustrie

"Schlussphase eines langen Konsolidierungsprozesses"

27. Februar 2015
von Börsenblatt
Die Finanznöte des Druck- und Mediendienstleisters Stürtz sind bei weitem kein Einzelfall. Der Bundesverband Druck und Medien äußert sich zur Lage der Branche − während Stürtz-Partner Langenscheidt jetzt Lösungen für seine Produktionprozesse sucht.

Die Stürtz GmbH, die Ende Januar beim Amtsgericht Würzburg die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat, ist das jüngste Glied einer langen Insolvenzkette in der Druckbranche. Nach Angaben des Bundesverbands Druck und Medien (bvdm) mussten allein 2011 etwa 200 Unternehmen aufgeben, 2012 kamen weitere hinzu, darunter die Druckereien Bercker und Scholten.

"Der Technologiewettbewerb zwischen den Betrieben und die damit verbundenen enormen Kapazitätssteigerungen sowie der Wettbewerb mit elektronischen Medien haben enorme Auswirkungen gehabt", so Gabi Schermuly-Wunderlich, die beim bvdm die Öffentlichkeitsarbeit leitet: "Eine Auswirkung sind Überkapazitäten und Preise für Druckprodukte, die für viele Betriebe kaum noch auskömmlich sind".

Die stark mittelständisch geprägte Branche werde noch industrieller und sei heute mehr denn je hochtechnisiert. "Für viele Betriebe ist es schwierig, mit diesem rasanten technologischen Wandel in der Branche und den notwendigen Investitionen Schritt zu halten. Dementsprechend müssen einige – auch große – Unternehmen den Markt verlassen."

Gleichzeitig, so der bvdm, wachse die Zahl der großen Onlinedruckereien und Web-to-Print-Anbieter mit hohen Druckkapazitäten und Mitarbeiterzahlen. "Hieran wird deutlich, wie stark sich die Branche strukturell verändert. Wir sind – so hoffen wir –  nun in der Schlussphase eines langen schmerzlichen Konsolidierungsprozesses."

Schermuly-Wunderlich sieht aber auch Hoffnungsträger, etwa die wachsenden Märkte für Books on demand, vernetztes Publizieren, neue Distributions- und Logistik-Services für Bücher und E-Books. "Wir erleben außerdem ein starkes Wachstum im Verpackungsdruck, bei den individualisierten Druckprodukten, im Sicherheitsdruck, einen Trend zu sehr hochwertig veredelten Druckprodukten sowie zu Green Publishing. Außerdem wächst Print im 3-dimensionalen Druck und auf Gebrauchsgütern wie zum Beispiel Dekore."

Stürtz, 1830 gegründet, erwirtschaftet mit 380 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von rund 70 Millionen Euro – und gehört seit 2004 dem deutsch-niederländischen Druckereikonsortium Euradius an. 2012 verzeichnete das Unternehmen, das Zeitschriften, Schul- Fach- und Sachbücher druckt, Umsatzrückgänge bei den Verlagskunden, zudem brachen Großaufträge wie das Stadtmagazin "Prinz" weg. Der Stürtz Verlag, der Bildbände und Kalender im Programm hat, ist von der Insolvenz nicht betroffen. Er gehört zum Verlagshaus Würzburg, das mit der von der Insolvenz betroffenen Stürtz GmbH firmenrechtlich nicht verbunden ist.

Seit 2011 hat Stürtz eine enge Zusammenarbeit mit Langenscheidt: Die Verlagsgruppe hatte Stürtz das gesamte Geschäftsfeld der Print-Beschaffung übertragen – Projektmanagement, Druck, Weiterverarbeitung sowie Produktionsservices. Wie geht es damit jetzt weiter? "Im Moment arbeiten wir an Lösungen, denn die ursprünglich vereinbarte Kooperation war recht umfangreich", teilte Langenscheidt auf Anfrage mit. "Bis es zu langfristigen Lösungen kommt, wird es sicherlich noch etwas dauern, denn derzeit arbeiten wir erstmal daran, die laufende Langenscheidt-Produktion sicherzustellen".

Nur indirekt zu den Stürtz-Partnern gehört Zwischenbuchhändler KNV, der 2011 in Stuttgart ein Print-on-Demand-Druckzentrum eröffnet hat. Dieses Joint Venture sei eigenständig, Partner nicht Stürtz, sondern Euradius – und KNV deshalb nicht betroffen, so Einkaufsleiter Markus Fels. 2015 wird auch dieses Druckzentrum an den neuen KNV-Standort Erfurt ziehen, auf 2.000 Quadratmetern.