Buchvorstellung "Eddas Geheimnis"

Alphaweibchen in Mainhattan

23. Februar 2013
von Börsenblatt
Fünf Jahre nach dem Start fühlt sich der Frankfurter Independant Verlag Weissbooks noch als Start-up. Das aktuelle Frühjahrsprogramm bestreiten ausschließlich Debütanten – wie Elinor Bicks, deren Erotik-Roman „Eddas Geheimnis“ am 25. Februar ausgeliefert wird. Beim Pressegespräch wollte boersenblatt.net wissen, was sich die Weissbookler einfallen lassen, damit der Verlag bei ihren „zuverlässigen Überraschungen“ – so die Eigenwerbung – auch anbeißt.

Am Operncafé kann man leicht vorbeilaufen. Auch wenn man weiß, wo man es suchen muss, nämlich an der Alten Oper in Frankfurt. Das Verlegerduo Anya Schutzbach und Rainer Weiss sitzt Elinor Bicks gegenüber, die Journalisten drapieren sich um die Autorin. Das Telefon im Café klingelt beinahe pausenlos. Bis der Cappuccino kommt, sind die Croissants schon wieder kalt. Spielt aber keine Rolle, denn die Presse löchert die Autorin aus Darmstadt, so dass eigentlich sowieso niemand zum Essen kommt. Zunächst stellt Rainer Weiss Buch und Autorin vor.

Aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz flatterte der Text als unverlangt eingesandtes Manuskript auf Rainer Weiss' Schreibtisch. Im Roman geht es um drei Schulfreundinnen, die das Schicksal in Frankfurt nach vielen Jahren Funkstille wieder zusammenführt. Hauptfigur Edda führt eine Wochenendehe mit einem Schweizer und ist ein taffes Biest, ein Alpha-Weibchen in der Marketingwelt, die sich ihre Zeit mit anonymen Liebschaften und One-Night-Stands in Frankfurts Rotlichtvierteln und regionalen Swinger-Clubs vertreibt. Kompliziert wird es, als ein anonymer Erpresser Edda unter Druck setzt. Auch ihren reaktivierten alten Freundinnen, die ihr sofort Hilfe beim Aufspüren des kriminellen Feiglings anbieten, kann Edda nicht so recht trauen.

Chick Lit, Sex und Herrenwitz
Frankfurt und Frauenfreundschaften, Sex and the City auf hessisch - Anya Schutzbach weiß, wie sie den Roman etikettieren muss. „Wir müssen dem Handel einen Ort geben", ist sie überzeugt. Sie hat die Büchertische der Region und Deutschlands im Sinn, angefangen bei Hugendubel in Frankfurter Innenstadt. Im Elinor Bicks Buch wird gezankt und geflirtet, werden Swingerclubs im Nied und Erotik-Kinos im Bahnhofsviertel besucht. „Natürlich würden wir gerne auf der ‚Shades of Grey'-Welle mitschwimmen", erläutert Marketingchefin Any Schutzbach. Aber Trotz aller Reflexe, die ein erotischer Roman auslöst: Die Themen im Buch sind anders gesteckt. Freundschaft und Strategien zur Vermeidung derselben, eine taffe Frau, die sich nimmt, was sie will, und ihre ganz anders gewickelten Freundinnen: Eine esoterisch angehauchte Hausfrau und eine aus der Mode gekommenen Moderedakteurin bieten Raum für Charakterstudien. Für Voyeurismus ist auch in den expliziten Passagen kein Platz, eher ist eine Ironie gegenüber der machthungrigen Edda spürbar. Ganz wohl können sich die Frankfurter in der Erotik-Schublade darum nicht fühlen. Der Fokus liegt auf der Frauenfreundschaft im Urbanen. Der Sex ist eine Beigabe, aber die wichtigste.

„Shades of Grey ist eine ziemlich ausgewalzte Liebesgeschichte“, findet Elinor Bicks, die als selbstständige Werbetexterin arbeitet. „Nach hundert Seiten habe ich das Buch weggelegt, weil kein Sex vorkam“, lacht sie selbstbewusst. Lesen konnte sie den Erotik-Blockbuster des vergangenen Jahres ohnehin erst, als ihr Manuskript beinahe abgeschlossen war: Drei Jahre Arbeit mit langen Recherchen in der Frankfurter Stadtbibliothek und einigen Stippvisiten im Rotlichtviertel hat sie in ihr Romandebüt investiert. In ihrem Brotberuf bewirbt sie ansonsten Cornflakes, Zigaretten und Joghurt.

Regionalia und Aufbau eines Autorenstamms sind erklärte Ziele
Debüts und Frankfurt-Romane sollen auch künftig den festen Platz im Verlagsprogramm einnehmen, den sie in den letzten Jahren erhalten haben. Los ging alles mit den „Westendladies“, bestätigt Anya Schutzbach auf Nachfrage. „In Frankfurt ist noch Platz. Die unwahrscheinlich starken Kontraste der Stadt sind noch nicht dargestellt worden“, ist die Verlegerin überzeugt.

Mit ungewöhnlichen Buchpräsentationen macht Weissbooks auf das eigene Programm aufmerksam: Daniel Zahnos „Rot wie die Nacht“ feierte im Moulin Rouge Premiere, Bärbel Schäfer und Achim Winters Frankfurt-Satire „Zen im Grukenbeet“ fand hoch oben im Tower 185 statt – mitten im Europa-Viertel, wo zur nächsten Buchmesse ein gewaltiges Einkaufszentrum stehen wird, in das auch Osiander einziehen wird.

Auch mit Buchhändler-Abenden sichert sich der Verlag das Wohlwollen und die Aufmerksamkeit der Sortimenter: Ob Vanille-Gelato in den Verlagsräumen oder Happy-Hour an der Hotelbar – Überraschungen schüttelt das Verlegerduo immer wieder aus dem Hemdsärmel. Bereits jetzt laufen die Planungen für eine große Buchpremiere. Details verraten die Verleger nicht. Alles noch geheim. Dann wäre es ja keine Überraschung mehr.