Personalentwicklung im Verlag 3.0

Was gehört in den Candystore?

23. Juli 2015
von Börsenblatt
E und @ sind das Gebot der Stunde in den Verlagen. Gesucht werden die Besten für den Wandel. Und die besten Strategien für das gelungene Zusammenspiel zwischen jungen Wilden und alten Papierarbeitern. Die erste Konferenz zur Personalentwicklung im Verlag 3.0 hat das Feld ausgelotet.
Rowohlt-Geschäftsführer Peter Kraus vom Cleff konnte man noch mit einem 3er-BMW locken, für zwei Drittel der Generation Y - das sind die nach 1980 Geborenen - ist das Internet wichtiger als ein eigenes Auto (Cisco, Connected World Technology Report 2012). Digital Natives eben. Um die für die Medienbranche zu begeistern, müssen Verlage deutlich mehr Zeit und Aufwand ins Recruiting investieren. Außerdem gilt es, das bestehende Personal für die neuen digitalen Geschäftsfelder zu qualifizieren.

Bernd Zanetti, Geschäftsführer der Münchner Akademie für den Deutschen Buchhandel: „Wenn Sie 80 Prozent Ihrer vorhandenen Mitarbeiter auf den digitalen Weg mitnehmen wollen, müssen Sie die schulen. Und wenn Sie 20 Prozent neue Köpfe einstellen wollen, müssen Sie die erst einmal gewinnen.“ Keine einfache Aufgabe. Bei der ersten Fachkonferenz zur Personalentwicklung im Verlag 3.0 am 8. März, die die Akademie gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Bommersheim Consulting konzipiert hat, wurden die Problemfelder abgesteckt und Best-Practice-Beispiele präsentiert.

Zauberwort Führung
Ganz oben auf der To-Do-Liste für die strategische Personalentwicklung steht die inhaltliche und strukturelle Weiterentwicklung der Personalführung. Führung muss in Verlagen zur Kernkompetenz werden. Schlechte Nachrichten für Chefs: „Die Treppe wird von oben nach unten gekehrt“, jedenfalls bei Katrin Siems, Geschäftsführerin Marketing und Sales von De Gruyter. Lausiges Führungspersonal wird gnadenlos entsorgt. Etwa 70 Prozent der Personalverantwortlichen in der ersten und zweiten Ebene sei bei De Gruyter in den vergangenen vier Jahren ausgetauscht worden. Siems legt den Fokus auf Menschen, ebenso wie Peter Kraus vom Cleff. „Die Leute kommen zu Rowohlt, nicht zu Kraus vom Cleff. Sie sollen nicht wegen Kraus vom Cleff gehen“, sagt er. Sein Maßnahmenkatalog: Präsent sein, aufmerksam und echt, anderen mit Wertschätzung begegnen, mutig sein. Auch Weka-Media erwartet die notwendigen Change-Prozesse zuallererst von seinen Führungskräften. „Ich fordere und fördere eine Testkultur mit dem Mut zu Fehlern“, heißt es dort in den Führungsleitlinien.

„Candystore“ der Arbeitgeber
Postdienst, Reinigungsservice, freie Arbeitszeiteinteilung, Weiterbildungsangebote: Was gehört in den „Candystore“ der Arbeitgeber, damit sie für Young Professionals an Attraktivität gewinnen? In München war man sich in dieser Frage einig: Annehmlichkeiten wie Bioessen in der Kantine oder Kinderbetreuung sind zumindest wichtige Verstärker. Vom Sommerfest bis zu kostenlosen Getränken hat etwa De Gruyter (300 Mitarbeiter) seit 2008 mehr als 700.000 Euro in die Mitarbeiterbindung investiert. Essentiell für die Mitarbeiterbindung und -gewinnung aber ist eine transparente und nachvollziehbare Unternehmensstrategie und die entsprechende Führungskultur. Nicht zuletzt wird die Strahlkraft der Unternehmen auch über die Produkte und Marken der Unternehmen entwickelt.

Stichwort Gehalt: „Unangenehm aber unvermeidlich“ für die Gewinnung neuer Mitarbeiter mit Digitalkompetenz sei eine marktgerechte Bezahlung, meint Bernd Zanetti. Gehalt werde überbewertet, die entscheidende Größe sei Verantwortung, weiß dagegen Katrin Siems. Wie gestaltet sich die Balance zwischen Bezahlung, Unternehmensimage, Karrieremöglichkeiten? In dieser Frage dürften die etwa 80 Konferenzteilnehmer längst ihre eigenen Erfahrungen gemacht haben.

Mitarbeiterqualifizierung
An der Verschmelzung von Print und Online führt kein Weg vorbei. Nötig ist dafür ein gewisses Maß an Veränderungsbereitschaft bei den vorhandenen Mitarbeitern. Und systematische Qualifizierungsmaßnahmen für die Veränderungsphase. Von Arbeitstechniken über Sprachkurse bis zu Einzelcoachings bietet die De Gruyter Academy ein ausgefeiltes Trainings- und Qualifizierungsprogramm an. Ebenso strukturiert und auf die Unternehmensstrategie abgestimmt ist das Weiterbildungsprogramm bei den Weka Fachverlagen. Fortbildung als Incentive? Diese Zeiten dürften vorbei sein.

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