ProtoType 2012: Was aus den Projektideen wurde

"M@rtha": Buchhandels-Support für das E-Reading

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Sieben Gruppen traten vor einem Jahr an, um innovative Lösungen für den (digitalen) Buchhandel zu entwickeln. Was ist aus den Projektideen geworden? Gibt es erste Konzepte für Geschäftsmodelle? Boersenblatt.net stellt in lockerer Folge die ProtoTypen des vergangenen Jahres vor – den Anfang macht das Projekt M@rtha, die B-to-B-eBook-Support-Plattform. Ein Beitrag von Steffen Meier.

Im Rahmen des letztjährigen, ersten ProtoType-Projekts fand sich eine Arbeitsgruppe zusammen (bestehend aus Nicolai Eckerlein, Ariane Hesse, Steffen Meier, Luise Schitteck, Dennis Schmolk, Carina Waldmann, Katja Splichal sowie Michael Schneider), die sich dem Thema E-Books und Lesegeräte im Zusammenspiel von Anbieter und Kunde widmete.

Sehr schnell kristallisierte sich hierbei eine vor allem für die teilnehmenden Verlagsvertreter überraschende typische Situation heraus: E-Reader (und E-Book) sind keinesfalls Themen, die am Sortiment vorbeigehen, sondern sehr viel Beratungsleistung wird gerade an dem Ort vom Kunden eingefordert, an dem auch sonst üblicherweise seine (dann aber eher inhaltlich ausgerichtete) Beratung stattfindet: im Buchhandel.

Dabei kommt es durchaus auch zu für Branchenteilnehmer skurrilen Situationen, etwa, wenn der Kunde mit seinem Kindle in der Buchhandlung steht und um technischen Rat fragt (was kein Einzelfall ist). Oder (dies als Hinweis in Richtung Verlage) dass gerade DRM-Maßnahmen vielleicht nicht die Qualität haben, digitalen Diebstahl zu verhindern, dafür aber Käufe, wenn Sie den Kunden (und im ungünstigsten Fall den Sortimenter) zur Verzweiflung treiben.

Andererseits ist gerade an diesem Beratungsort das technische Know-how (ohne den Kollegen und Kolleginnen dabei zu nahe treten zu wollen) mitunter nicht sehr ausgeprägt. Und jeder Kaufmann weiß, dass es nichts Schlimmeres gibt, als einen Kunden mit der eigenen Hilflosigkeit konfrontiert nach Hause zu schicken.

Insofern wurde vertiefend im Projekt diese Ausgangslage weiter erfragt; gerade unter Sortimentern, aber auch anbieterseitig, und der Schwerpunkt "Buchhandels-Support im Bereich eReading" kristallisierte sich als Geschäftsmodell heraus. Das Fundament bildeten dabei die Säulen Beratung vor Ort, telefonisch und elektronisch. Dies wird zwar von großen Fillialisten oder mittelständischen Ketten inzwischen gut abgebildet, das klassische Einzelunternehmen aber steht allein da. Insofern gab es – wenig überraschend – aus dieser Richtung sehr positives Feedback zu dem Projekt.

M@rtha ist so gesehen eines der uncharmantesten, un-hippsten Projekte aus dem ProtoType-Reigen: Es geht um keine große Plattform, es soll keinem Marktmonopolisten Paroli geboten werden, und die Beschreibung des Geschäftsmodells kommt ohne Anglizismen aus. Aber M@rtha greift klassischen Kundenbedarf (Beratung zum Thema E-Reading in der Buchhandlung) und ebenso klassische Wissensdefizite am Beratungs- und Verkaufspunkt auf und bietet dafür eine pragmatische Lösung, die übliche Beratungsleistung um eine "elektronische" Variante zu erweitern.

Da gleichzeitig weder die Verlage, noch die Geräte-Anbieter noch die großen Buchhandelsketten Ambitionen haben, hier einen "neutralen" Support zu leisten und es auch verbandsseitig kaum ins Produkte-Portfolio passt, wäre M@rtha sinnvollerweise als kleines Start-up (und nun doch ein Anglizismus!) aufzusetzen – und der Autor dieser Zeilen hat noch Hoffnung, dass sich hier in den nächsten Monaten ein solches etabliert.

P.S. Hier wird verallgemeinernd von "der Buchhandel", "den Kollegen" gesprochen – natürlich gibt es auch hier viele Ausnahmen und Unterscheidungen. Es geht vielmehr darum, Beratungssituationen insgesamt aufzuzeigen.

Steffen Meier