Interview mit der Sortimenterin Simone Dalbert

Plüschbakterien und Schaufenster-Yoga

27. Mai 2013
von Börsenblatt
Die Würzburger Buchhändlerin Simone Dalbert hat einen Sinn für die Kuriositäten ihres Berufsalltags, und bringt sie in amüsanten Kurzgeschichten auf den Punkt. Über Blogs, Facebook und Twitter unterhält die 35jährige damit schon länger eine wachsende Fangemeinde. Jetzt ist ihr Buch "Papiergeflüster − Aus dem Leben einer Buchhändlerin" im Acabus Verlag erschienen. Ein Interview mit der Autorin.

Frau Dalbert, gibt der medizinische Fachbuchhandel besonders guten Stoff für Anekdoten her?

Viele Geschichten sind tatsächlich während meiner Tätigkeit in der Schöningh Universitätsbuchhandlung im Bereich Medizin entstanden. Dort habe ich nach meinem Abschluss als Diplom-Biologin bereits meine Ausbildung gemacht. Die Fragen sind dort spezieller als in der Belletristik und es war dort sehr ergiebig. Beispielsweise wenn es um den Verkauf von Plüschbakterien geht, die bei Medizinern extremst beliebt sind… Doch auch seitdem ich in unsere Filiale mit allgemeinem Sortiment in Höchberg gewechselt bin, gibt es jede Menge Anlässe für schöne Geschichten − von "Schaufenster-Yoga" bis "Sex sells − aber nur heimlich".

Gehen die Kunden anders auf Sie zu, seitdem bekannt ist, dass sie sich möglicherweise demnächst in einer Kurzgeschichte wiederfinden könnten?

Viele Kunden sprechen mich auf das Buch an und es steht auch direkt an der Kasse mit dem Hinweis "Unsere Kollegin plaudert aus dem Nähkästchen". Die Reaktionen sind durchweg positiv, auch die Kollegen, die zuerst sehr verblüfft waren, finden es großartig. Manch einer hat sich schon in einer Geschichte wiedererkannt, was aber kein Problem ist, denn ich versuche so zu schreiben, dass es für alle lustig ist. Die Kunden sollen ja auch weiterhin gern bei uns einkaufen kommen…

Während andere Autoren bei den Verlagen oft lange Zeit Klinken putzen müssen, hat sich die Veröffentlichung ihres Titels fast wie zufällig ergeben. Gestartet haben Sie vor drei Jahren als Bloggerin.

Die Idee, Anekdoten aus dem Leben einer Buchhändlerin zu schreiben, hatte Leander Wattig, in dessen Blog wasmitbuechern.de ich anfangs regelmäßig kleine Geschichten geschrieben habe. Einige habe ich später auch in meinem eigenen Blog papiergefluester.com veröffentlicht und weitere Begebenheiten getwittert. Es hat sich gezeigt, dass es den Lesern Spaß macht, mal hinter die Kulissen zu schauen. Weil im Internet aber meist alles nur für kurze Zeit wahrgenommen wird, kam mir der Gedanke, dass ich die gesammelten Kurzgeschichten gern als Buch veröffentlichen würde. Und dann kamen sehr viel Glück und auch der Zufall ins Spiel und im Januar war das E-Book von "Papiergeflüster" (Tubuk.digital) geboren. Jetzt im Mai ist "Papiergeflüster" sogar als gedrucktes Buch im Acabus Verlag erscheinen − davon hätte ich nicht zu träumen gewagt!

Sie sind sehr aktiv in den Sozialen Medien unterwegs und eine ausgeprägte Networkerin. Wie kommt Ihnen das bei der Vermarktung des eignen Buches zugute?

Über die Sozialen Medien wie meinen Facebook-Account und mein Blog findet sehr viel statt. Das hat sicher mit meiner guten Vernetzung zu tun, liegt aber auch daran, dass sich "Papiergeflüster" mit seinen Kurzgeschichten als E-Book einfach anbietet. Einige Bekannte lesen es sogar auf ihrem Handy. Bei Schöningh bin ich neben der Tätigkeit im Laden für die Pflege der Sozialen Netzwerke und der Homepage zuständig − auch dort konnte ich mein Buch präsentieren.

Hat das neue Dasein als Buchautorin bereits für eine geballte Ladung Inspiration für weitere Geschichten gesorgt?

Es ist sehr spannend, die Buchwelt von einer neuen Seite zu erfahren und die ersten Ideen entstehen schon wieder. Zum Beispiel über die Zusammenarbeit mit einem Lektorat oder über das unbeschreibliche Gefühl, zum ersten Mal im Laden sein eigenes Buch zu signieren: Es war sehr, sehr aufregend und wunderschön. Ich war total auf Endorphin. Momentan lege ich allerdings eine kleine Schreibpause ein um mich wieder mehr dem zu widmen, was nicht nur als Buchhändlerin eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist: Dem Lesen.

Interview: Christina Busse