Drohendes Ende für den Bachmannpreis

"Unverschämte Provokation und Brüskierung"

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Nachdem der ORF vergangene Woche im Rahmen eines Sparprogramms auch den Rückzug vom Ingeborg-Bachmann-Preis 2014 verkündet hatte, gab es eine Protestwelle. Die österreichische IG Autorinnen Autoren und der Journalisten Club haben heute einen Aufruf verschickt, der den Erhalt des Wettbewerbs vehement fordert.

Der Aufruf mit dem Titel "Wir lassen uns die Eliminierung der letzten Reste der Kunst aus den ORF-TV-Programmen nicht gefallen" ist von der IG Autorinnen Autoren und der Österreichische Journalisten Club unterzeichnet.

Der Aufruf beginnt wie folgt:

"Die Unternehmensleitung des ORF hat beschlossen, zu sparen. Das Sparprogramm richtet sich auf 'Randzonen' und soll Kernaufgaben nicht betreffen. Als Mitverursacher für die Einsparungen werden die nicht mehr aus staatlichen Mitteln bezahlten Gebührenbefreiungen genannt. Prominentestes Opfer der Einsparungen ist der im ganzen deutschen Sprachraum bekannte Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Am Sparprogramm soll sich auch dann nichts ändern, sollte die Refundierung der Gebührenbefreiungen doch noch erfolgen. Auf diese Weise uneingeplant zustande kommende Einnahmen sollen der Filmproduktion zufließen." Die eigentliche Kernkompetenz des ORF sei aber sein öffentlich-rechtlicher Auftrag. Sparten der Kunst und Kultur gegeneinander auszuspielen, sei ein Verstoß gegen diesen gesetzlichen Auftrag und schade dem Ansehen der Kunst in der Gesellschaft und im gesamten deutschen Sprachraum. Beendet werden soll auch die Zusammenarbeit des ORF mit dem steirischen herbst zur Durchführung des 'musikprotokolls'.
"Die vergleichsweise lächerlichen Kosten von 350.000 Euro, um die es beim Rückzug des ORF aus dem Bachmann-Wettbewerb geht", vermuten die beiden Verbände, "sind sicher nicht der Grund für die Einstellung." Rund 100 Millionen gebe der ORF allein für Sportrechte im kommenden Jahr zusätzlich aus. "Vielmehr dürfte es dem ORF einmal mehr um die Befüllung von Sendezeiten mit quotenträchtigeren Programmen für andere Zielgruppen gehen und zum anderen um den Rückzug aus dem Gemeinschaftsprogramm 3sat mit dem ZDF, der SRG und ARD."

Weiter heißt es: "Wir nehmen die für die gesamte österreichische Kunst- und Kulturszene, die journalistischen und künstlerisch tätige Mitarbeiter/innen unverschämte Provokation und Brüskierung durch den ORF nicht hin. Wir lassen uns die Eliminierung der letzten Reste der Kunst aus den ORF-TV-Programmen nicht gefallen. Wir fordern den ORF auf, seine Sport- und Unterhaltungsgelder umgehend auf den Kunst- und Kulturbereich umzuschichten."

Der Aufruf schließt: "Wir fordern den ORF auf, seinen Kultur- und Bildungsauftrag zu erfüllen und seine auf den Bachmann-Wettbewerb und das 'musikprotokoll' bezogenen Entscheidungen umgehend rückgängig zu machen und den Kunst- und Kulturbereich bei seinen weiteren Sparplänen unangetastet zu lassen und nicht das Geld des ORF mit läppischen Softnewsprogrammen und lächerlichen Nachspielproduktionen zu verplempern."

Den kompletten Aufruf können Sie hier lesen.

Namentliche Unterstützung dieses Protestes mit Berufs- und/oder Funktions- und Ortsangabe erbitten die beiden Verbände an: Gerhard Ruiss (IG Autorinnen Autoren), gr@literaturhaus.at 

Resonanz auf den Aufruf

"Die Resonanz ist überwältigend", erklärt Gerhard Ruiss auf Nachfrage von boersenblatt.net. "In den ersten paar Stunden haben ein paar hundert Leute unterschrieben." Man habe absichtlich keine Online-Unterzeichnung für den Aufruf vorgesehen, "weil wir das Anliegen gerne mit und unter möglichst vielen Beteiligten kommunizieren möchten".