Reclam und die Empfehlungen der SOK

Rechtschreibsturm im Wasserglas

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Einen Tag nach Erscheinen der 26. Auflage des "Duden. Die deutsche Rechtschreibung" muss das orthographische Standardwerk eine kleine Niederlage hinnehmen: Der Reclam Verlag, behauptet die "FAZ", sei "nicht mehr dudentreu", sondern folge künftig den Empfehlungen der Schweizer Orthographischen Konferenz. Was daran stimmt und was nicht, erfahren Sie hier:

Der Reclam Verlag hat den Duden nie als verbindliche Richtschnur anerkannt. Stattdessen hat er sich schon immer an den Empfehlungen der Schweizer Orthographischen Konferenz orientiert.

In einer Stellungnahme des Verlags heißt es:"Für den Reclam Verlag war in seiner Verlagsgeschichte der 'Duden. Die deutsche Rechtschreibung' niemals die verbindliche Instanz in Sachen Rechtschreibung. Reclam folgt nicht erst neuerdings den Empfehlungen der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK), sondern orientiert sich seit deren Konstituierung an ihnen, folgt diesen allerdings auch nicht in allen Punkten (was schon zum Beispiel der Schweizerischen Ermangelung des ß wegen nicht geht)."

Die SOK bewegt sich auch im Rahmen des Regelwerks, die der deutsche Rat für deutsche Rechtschreibung 2006 veröffentlicht hat, spricht sich aber bei den möglichen Schreibvarianten für die herkömmliche, ihrer Ansicht nach sprachrichtige Lösung aus – gemäß dem Grundsatz "Bei Varianten die herkömmliche".

Auch die "FAZ" orientiert sich nach Angaben der SOK an diesen Empfehlungen – weshalb es dort auch nicht "Duden-treu" (oder ganz falsch: "Duden treu") heißt.

In einem Verlag, der Klassikerausgaben in großer Zahl veröffentlicht, genießen der Wille des Autors und die historische Schriftsprache Priorität, wie der Verlag selbst betont:
"Reclam stand und steht weiterhin der Rechtschreibreform kritisch-konstruktiv gegenüber und bleibt in letzter Instanz dem Willen seiner Autoren wie auch der historischen Schriftsprache der deutschsprachigen Klassiker verpflichtet."