Warum der Carolus-Mietvertrag nicht verlängert wird

"Diese Buchhandlung wird geliebt"

26. Juli 2013
von Börsenblatt
"Ich habe mir nie vorstellen können, eine so unsympathische Entscheidung treffen zu müssen": Heute Mittag erläuterte der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz die Hintergründe für die Beendigung des Mietvertrags mit der Herder-Traditionsbuchhandlung Carolus in der Innenstadt − 2016 wird hier Butlers einziehen.

"Diese Buchhandlung wird geliebt − da bleiben die Frankfurter nicht gleichgültig." Seit 1985 kauft zu Eltz seine Bücher bei Carolus, nun muss er als Vorstandsvorsitzender des Gesamtverbands der 42 Frankfurter Kirchengemeinden eine Entscheidung verantworten, die ihm sichtbar nicht leicht fällt. "Wir haben sehr viele Gespräche gehabt, um das Mietverhältnis mit Carolus zu verlängern, auch mit Verleger Manuel Herder" − der Herder Verlag ist Eigentümer der Carolus-Buchhandlung, die aus der Carolus-Druckerei hervorging und seit den 1920er Jahren in dieser Ecke der Frankfurter Innenstadt ihr Ladengeschäft hat.

Der Gesamtverband ist Eigentümer der Immobilie am Liebfrauenberg 4, in dem Carolus zwei Stockwerke mit 500 Quadratmetern belegt. Er hat einen historisch gewachsenen Immobilienbesitz: eine Gewerbeimmobilie (Carolus), 38 Wohnungen in zehn Liegenschaften, und betreut 150 Wohnungen in 18 Liegenschaften, "wobei die Mietpreise stets am unteren Ende liegen. Und wir wollen auch in Zukunft sozial verlässlich bleiben." Was bedeute: Der Gesamtverband könne nicht die Mietpreise für die Wohnungen erhöhen, um eine Gewerbeimmobilie zu unterstützen. Deswegen, weil man wirtschaftlich handeln müsse, müssen die Mieten für das Haus am Liebfrauenberg erhöht werden. Zudem das Haus einen beträchtlichen Investitionsstau hat: "Die Elektrik, die Heizung, Beleuchtung, Belüftungssysteme, der Eingangsbereich − das alles muss grunderneuert werden", zählt Ingrid Noll vom Gesamtverband auf. Und die Investitionen werden in die neue Miete eingepreist. 

Der Mietpreis von 15 Euro pro Quadratmeter sei so in dieser 1A-Lage nicht mehr zu vertreten, "wir wollen ja gar keine Spitzenpreise erzielen, müssen aber investieren und rechnen. Wir wären bereit gewesen, uns am unteren Ende des Preiskorridors zu begegnen, Herder hätte sich auch 20 Euro pro Quadratmeter vorstellen können, aber: "Am Ende hat es nicht geklappt", sagt zu Eltz. "Trotz aller Rechnereien hätten wir gern Carolus subventioniert, aber das Delta ist zu groß geworden." Dem aktuellen Mietpreisindex des Immobilienmaklers Jones Lang LaSalle zufolge wurden im ersten Halbjahr 2013 rund 50 Meter von Carolus entfernt auf der Frankfurter Zeil Spitzenmieten bis zu 290 Euro pro Quadratmeter gezahlt.

Der neue Mieter, der 2016 einzieht, zahlt einen Quadratmeterpreis von 42 Euro, übernimmt die Investitionskosten für die Grunderneuerung und hat einen Zehnjahresvertrag mit einer inkludierten Preissteigerung nach dem Mietpreisindex − Carolus hatte einen 20-Jahresvertrag ohne Preissteigerung. Der neue Mieter, das ist der Geschenke- und Wohnaccecoires-Anbieter Butlers, "ein deutscher Familienbetrieb, der keinem Großinvestor gehört. Wir haben uns verschiedene Interessenten angeschaut, aber uns war auch wichtig, dass die Produkte mehrheitlich nachhaltig, sozialverträglich sind." Das 1999 in Köln von den Brüdern Wilhelm und Paul Josten mit Frank Holzapfel gegründete Unternehmen hat allerdings inzwischen rund 160 Filialen im In- und Ausland mit 1.100 Mitarbeitern; in Frankfurt am Main befindet sich eine Butlers-Filiale rund 50 Meter von Carolus entfernt.

"Wir fühlen uns moralisch im Obligo, in der Innenstadt ein Ladenlokal für Carolus zu finden und all unsere Kontakte zur Verfügung zu stellen", macht zu Eltz deutlich, aber das werde für 15 Euro pro Quadratmeter alles andere als einfach. "Carolus ist wichtig − und zwischen Buch und Kirche gibt es ja nun mal eine ganz enge Ursprungsbeziehung."