Suhrkamp-Streit

dtv-Gesellschafter signalisieren Einstieg bei Suhrkamp

9. August 2013
von Börsenblatt
Eine fünfzeilige Presseerklärung des Deutschen Taschenbuchverlags könnte dem Suhrkamp-Streit eine vollkommen neue Wendung geben: Die Gesellschafter von dtv und dtv selbst signalisieren "den Gesellschaftern von Suhrkamp Interesse an der Übernahme einer Beteiligung".

Mit einer Beteiligung der familiengeführten, unabhängigen Verlage sei "intendiert, Suhrkamp operativ zu stärken, die Unabhängigkeit langfristig zu sichern und in den sich rapide verändernden Marktbedingungen gemeinsame Synergien zu verwirklichen."

 

dtv-Vertriebs- und Marketingchef Rudolf Frankl wollte den Vorstoß gegenüber boersenblatt.net auf Anfrage nicht kommentieren. Angesichts der "Komplexität" des Verfahrens, in dem Suhrkamp sich befinde, könne man derzeit nichts sagen, was über den Inhalt der Mitteilung hinausgeht. Erst sei das Insolvenzverfahren und der weitere Verlauf der Ereignisse rund um den Verlag abzuwarten.

Über eine Beteiligung sprechen dürften die Gesellschafter von dtv und dtv selbst erst, wenn der Insolvenzplan, der unter anderem die Umwandlung der Suhrkamp-Verlagsgesellschaft in eine Aktiengesellschaft vorsieht, vom Gericht sowie der Gläubigerversammlung Anfang Oktober angenommen und umgesetzt wird.

Sollte dies geschehen, wären mehrere Szenarien für den Einstieg der dtv-Gesellschafter (derzeit: Verlag C. H. Beck, Ganske-Verlagsgruppe, Carl Hanser, Verlagsgruppe Oetinger sowie dtv GmbH) selbst vorstellbar:

  • Die Medienholding mit Hans Barlach an der Spitze würde unter dem Druck der aktuellen finanziellen Verpflichtungen (Forderung von Andreas Reinhart in Höhe von fünf Millionen Franken) ihre Anteile an Suhrkamp und Insel (39 Prozent) komplett an die Gesellschafterverlage sowie dtv übertragen.
  • Die dtv-Gesellschafter würden Anteile von Hans Barlach übernehmen (immerhin wird die mögliche Beteiligung "den Gesellschaftern" angeboten; ein Ausstieg Barlachs wird nicht unterstellt).
  • Die dtv-Gesellschafter würden Anteile beider Altgesellschafter übernehmen, um sie finanziell zu sanieren.
  • Die dtv-Gesellschafter würden nur Anteile der Familienstiftung übernehmen, gemeinsam mit der Familienstiftung aber die Anteilsmehrheit in der AG halten.
Welches Szenario eintritt, kann derzeit niemand voraussehen. Offensichtlich verfolgt das Angebot der dtv-Gesellschafter zunächst die Absicht, branchenfremde Investoren (etwa die mehrfach genannte Familie Ströher oder andere Interessenten) aus der künftigen AG herauszuhalten.

Die Formulierung in der Pressemitteilung, man wolle Suhrkamp "operativ stärken" insinuiert, dass die dtv-Gesellschafter einen möglichen Einstieg an Bedingungen knüpfen werden. Denkbar wäre, dass sich der dtv-Gesellschafterkreis einen Vorstandsposten ausbedingt, um direkt auf die Verlagsgeschäfte Einfluss zu nehmen.

Das Beteiligungsangebot, das möglicherweise als Baustein in den Insolvenzplan integriert werden könnte, verrät aber noch mehr als das Interesse, den Suhrkamp Verlag zu stärken: Man sieht den Verlag offenbar auch wirtschaftlich gefährdet und in der bisherigen Konstruktion eben nicht in der Lage, auf die "sich rapide verändernden Marktbedingungen" zu reagieren.

Und was mag mit gemeinsamen Synergien gemeint sein? Doch wahrscheinlich so etwas wie eine partielle Integration von Suhrkamp in den Deutschen Taschenbuch Verlag oder zumindest in seine Vertriebsstruktur. Sicher: die edition suhrkamp oder das Suhrkamp Taschenbuch gelten als Institutionen – aber was spricht ernsthaft dagegen, dass es künftig ein Suhrkamp oder Insel Taschenbuch bei dtv gibt?

Eine Stellungnahme von Suhrkamp liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vor.