Die Sonntagsfrage

Warum gehen Sie zur Zukunftskonferenz, Frau Zwittmeier?

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Wie sehen die Vertriebswege von morgen aus? Bei der Zukunftskonferenz des Börsenvereins am 12. und 13. September wirft die Branche einen gemeinsamen Blick in die Glaskugel. Was erwartet, erhofft sich eine Buchhändlerin von der Konferenz? Unsere Sonntagsfrage an Kerstin Zwittmeier, Filialleiterin der Gutenberg-Buchhandlung Dr. Kohl in Mainz.

"Bis zu meiner Rente liegen noch 35 Jahre vor mir, die Zukunft des Buchhandels ist somit auch meine Zukunft - und die von tausenden Buchhändlern, Verlagsmitarbeitern, Dienstleistern und Druckereien.

Vor 15 Jahren hat kaum einer daran gedacht, wie stark sich der Buchhandel verändern wird. Buchhändler wurden überall gesucht, Bewerber gab es viele. Die Buchhandelsdichte war im Vergleich zu heute ein Paradies, neue Verlage schossen aus dem Boden. Das Internet als Konkurrenz war bei den wenigsten von uns im Bewusstsein.

Aber wo stehen wir heute? Die Anzahl an Bewerbern für eine Buchhändler-Ausbildung sinkt stetig, viele sagen mir, dass es kein Beruf mit Zukunft sei. Der Beruf selbst verschwindet aus vielen Köpfen, ich höre häufig die erstaunte Frage: "Wie? Dafür braucht man eine Ausbildung?" Wir sind auf dem besten Weg, in einigen Jahren auf der Liste der vergessenen Berufe zu landen. Wie sieht die Zukunft des Buchhandels aus – ohne zukünftige Buchhändler?

Gleichzeitig wird auch die Positionierung des stationären Buchhandels an sich schwächer. Viele antworten auf die Frage: "Wo kauft man Bücher ?" mit: "Bei Amazon". Die Verlage stehen vor dem gleichen Problem: Kunden beziehen viele Informationen aus dem Internet, "kostenlose Informationen" sind ein Trend. Wozu soll der Verlag dann das Kostenrisiko für den Druck neuer Titel auf sich nehmen? Insbesondere, wenn es immer weniger Buchhandlungen als Vertriebsstellen dafür gibt?

Hier ist die Zukunftskonferenz ein guter Ansatz, Strategien für eine Zukunft des Buchhandels zu suchen und diese gemeinschaftlich zu finden. Wie können wir dem entgegenwirken, dass der Kunde beim Gedanken an Bücher zuerst im Internet sucht? Wie können wir als Gemeinschaft unsere Stärken herausstellen? Wie können wir auf die stark veränderte Käuferstruktur und die geänderten Ansprüche reagieren? Wie schaffen wir den Anreiz für den Kunden, stationär zu kaufen und zwar nicht nur "ausnahmsweise mal", sondern als Stammkunde? Wie können wir als Buchhandlung zusammen mit den Verlagen neue Modelle entwickeln, um den Kundenwünschen stärker Rechnung zu tragen? Wie lassen sich Paid-Content-Modelle im Laden umsetzen?

Trotz der angespannten Lage habe ich meine Berufswahl nie bereut und ich möchte auch in 5, 10 oder 20 Jahren noch in einem der schönsten Berufe der Welt arbeiten und auch gerne weiter Azubis darin ausbilden Ich hoffe, dass wir auf der Konferenz dafür wieder einen Grundstein legen können."