Interview mit Hans Dieter Beck

"Eine Zweierspitze könnte eine gute Lösung sein"

13. September 2013
von Börsenblatt
250 Jahre C. H. Beck Verlag sind ein Grund zum Feiern, aber auch zum Innehalten: Wie soll es mit dem Verlag weitergehen? Wer wird Nachfolger? Fragen, die den 81-jährigen Verleger Hans Dieter Beck, der den juristischen Verlagszweig und die Beck'sche Druckerei in Nördlingen leitet, intensiv beschäftigen. Boersenblatt.net sprach mit Hans Dieter Beck über Nachfolgefragen, die Druckerei, den Medienwandel und das Programmprofil des Verlags.

Wenn man die 80 überschritten hat und deshalb vielleicht Zweifel an der Eignung zur Leitungsfähigkeit für ein so großes Unternehmen wie C.H. Beck, mit Verlag, Druckerei, Buchhandlungen und Auslandstöchern, geäußert werden – fühlt man sich dann altersdiskriminiert?
Nein. Die Frage ist ja nicht unberechtigt. Hier muss ich gleich einflechten, dass es bei uns tüchtige Leitungspersönlichkeiten gibt, die wichtige Sparten führen, zum Beispiel die kaufmännische Leitung, die Leitung elektronisches Publizieren, die Druckereileitung usw. So hängt an mir heute vor allem die Gesamtkoordination – denn die Dinge hängen alle etwas miteinander zusammen – und besonders wichtige Einzelfragen. Ich bin überzeugt, dass es mit der heutigen Führungsmannschaft auch ohne mich ginge.

Aber bis zum 90. Geburtstag wollen Sie vermutlich nicht auf dem Verlegerstuhl sitzen?
Das wäre ja Hybris. Ich glaube, dass ich in dieser Richtung selbstkritisch genug bin. Natürlich versuche ich meine körperliche Fitness in Schwung zu halten, vor allem durch Bergwanderungen in den Alpen – aber in meinem Alter muss man schon mit gesundheitlichen Anschlägen rechnen.

Das heißt, Sie beschäftigen sich intensiv mit der Frage der Nachfolge?
Ja, natürlich. Für das Unternehmen könnte eine Zweierspitze eine gute Lösung sein – eventuell auch ein Team zu dritt, mit Abstufungen der Macht, zum Beispiel aufgrund unterschiedlichen Alters.

Im Sinne einer dynastischen Erbfolge in der Familie?
Meine Töchter sind noch nicht soweit, um führende Positionen im Verlag oder sonst im Unternehmen einnehmen zu können. Meine Tochter Anja muss erst ihr Referendarexamen im kommenden Frühjahr bestehen, und bei meinem Neffen Jonathan Beck, der schon eifrig im Verlag tätig ist, muss sich noch ergeben, in welche Richtung er sich entscheidet, für den kulturwissenschaftlich-schöngeistigen Verlag meines Bruders Wolfgang Beck oder für andere Tätigkeiten. Zurzeit ist er für den wirtschaftswissenschaftlichen Vahlen Verlag verantwortlich, arbeitet aber zugleich auch im geisteswissenschaftlichen Lektorat.

Das heißt, Sie suchen externe Manager?
Wir glauben, dass eine Zusammenarbeit zwischen externen Führungskräften und Familienmitgliedern die beste Lösung ist. Solche erfolgreiche Konstellationen hatten wir auch in der Vergangenheit. Für den juristischen Verlagssektor ist eine Führungskraft gefragt, die sowohl erfahren in der juristischen Welt ist, wie auch besondere Neigung und Kenntnisse im Bereich der elektronischen Medien mitbringt. Käme es zu einer Einstellung eines auf diesem oder auf einem anderen Gebiet profilierten Managers, so darf das nicht nur eine Übergangslösung sein, sondern ein dauerhaftes Engagement. Nachfolgelösungen mit Kindern kämen erst deutlich später in Frage.

Stichwort Druck: Ist die Druckerei in Nördlingen ein Sorgenkind?
Das kann man so nicht sagen, aber natürlich ist der Preisdruck in der Branche groß, und wir werden um weitere Rationalisierungen nicht herumkommen. Aber mit Oliver Kranert haben wir seit April einen neuen Druckereileiter, der den bewährten Hans Höhn abgelöst hat. Er ist sehr dafür befähigt, für einen frischen Wind zu sorgen.

Und der wenige Monate nach seinem Antritt mit dem "Gotteslob"-Debakel fertig werden muss …
Ja, da ist durch unglückliche Umstände nicht ideales Papier zur Auswahl gekommen. Ein Teil der Auflage wird nachgedruckt werden. Wie das finanziert werden soll, darüber werden wir, wie ich hoffe, bald eine Einigung erzielen.

Das Auftragsvolumen in der Druckbranche ist insgesamt rückläufig. Ist das auch bei der Beck’schen in Nördlingen so? Müssen da Investitionen womöglich hinausgezögert werden? Denken Sie über einen Verkauf der Druckerei nach?
Über einen Verkauf wird nicht nachgedacht. Natürlich geht der Trend zur Online-Publikation, aber das Gedruckte spielt bei unserer Zielgruppe – Anwälte, Richter, Steuerberater – immer noch die entscheidende Rolle. Diese Berufsgruppen arbeiten immer noch lieber mit gedruckten Ausgaben, als sich alles und jegliches aus der Online-Datenbank herauszuziehen und zu drucken. Das elektronische Medium ist noch nicht das alleinherrschende. Nördlingen druckt nicht nur das Beck’sche Programm, sondern hat immer mehr "fremde" Kunden, zum Beispiel auch aus der Verlagsbranche. Ein großer Teil des Programms des dtv wird in Nördlingen gedruckt. Es sieht nicht danach aus, dass es in Nördlingen zu einen Rückgang der Produktion kommen wird. Es wird auch weiter in moderne Maschinen investiert werden.

Sie investieren aber dennoch weiter in die digitalen Lösungen. Wie entwickelt sich denn die mobile Nutzung von beck-online?
Die spielt bisher nur eine untergeordnete Rolle: Mehr als 90 Prozent der beck-online-Kunden nutzen noch einen stationären Computer. Aber die Technologie – Hardware wie Software – muss ständig erneuert werden, der Inhalt der Datenbank muss erweitert werden, auch über Preis- und Geschäftsmodelle muss nachgedacht werden.

Es ist schon behauptet worden, das Programm des juristischen Verlags C. H. Beck hätte keine klaren Konturen, weil man "alles" anbieten wolle. Ist da etwas dran?
Das ist sicher unrichtig. Das juristische Programm des Beck Verlages ist in der Tat sehr reich an Werken, und es ist uns gelungen, fast alle Sachgebiete des Rechts mit Büchern und Zeitschriften abzudecken. Zu wichtigen Themen gibt es für unterschiedliche Nutzergruppen Werke in verschiedenen Größenabstufungen und inhaltlichen Schwerpunktbildungen. Diese Vielfalt wird am Markt gefragt; denn die Bedürfnisse der in der Rechtswelt vorkommenden Berufsgruppen sind sehr verschieden und auch die Bereitschaft des Einzelnen größere oder kleinere Kaufpreise zu akzeptieren. Studenten haben andere Bedürfnisse als ein erfahrener Praktiker. Hätte man zu einem Sachgebiet nur ein einziges Werk, so könnte dies niemals alle Rechtsmeinungen in sich vereinigen, die in der Juristenwelt geäußert werden und nach denen sich das Recht richtet. Unser Programm ist reichhaltig, aber zugleich in sich konsistent.

Interview: Michael Roesler-Graichen

 

Einen Artikel zum Verlagsjubiläum sowie eine Besprechung der beiden Verlagsgeschichten von Uwe Wesel und Stefan Rebenich lesen Sie im aktuellen Börsenblatt 37 /2013.