Erneuter Streik bei Amazon

Die Amazonen kämpfen weiter

19. September 2013
von Börsenblatt
In Bad Hersfeld und Leipzig wird wieder gestreikt: Verdi hat die Mitarbeiter an den beiden Versandzentren erneut zum Arbeitskampf aufgerufen. Drei Tage sollen die Räder still stehen. Seit Mai kämpft der Arbeitnehmerverband für einen Tarifvertrag.

"Unsere Streikkasse ist gut gefüllt",  hatte Verdi-Vorstand Frank Bsirske im Juni während der letzten großen Streikaktion in Richtung Amazon verlauten lassen. Auf die Drohung reagierte Deutschlands größter Versandhändler gewohnt kühl. Von einer Anerkennung des vom Arbeitnehmerverband geforderten Tarifvertrags für den Versand- und Einzelhandel ist man nach wie vor meilenweit entfernt. Amazon bezahlt nach eigenem Lohnsystem, immer wieder sprechen Mitarbeiter undBetriebsräte davon, dass vor allem im Herbst und Winter die Gehaltszahlungen verspätet oder fehlerhaft bearbeitet werden - vermutlich wegen Überlastung der Personalstellen, da ein großer Teil der Mitarbeiter aus Saisonkräften besteht.

15 Streiktage hat es bislang an den Versandezentren in Leipzig und Bad Hersfeld gegeben. Laut Verdi legen kontinuierlich rund die Hälfte der festangestellten Mitarbeiter die Arbeit nieder. Amazon redet die Zahlen gewohnheitsmäßig kleiner und gibt an, dass der Arbeitsausstand keine Auswirkungen auf den Versand habe.

Das wird aus Gewerkschaftskreisen aber bestritten: Amazon liefere pünktlich, weil im Streikfall die Lieferzeit für viele Produkte um mehrere Tage angehoben werde. Aber die Zeitverzögerungen dürfte der Onlinehändler beim Umsatz spüren. Bislang hat Amazon sich nur bereit erklärt, freiwillig ein Weihnachtsgeld zu zahlen - und zwar in geringerem Umfang, als laut Tarifvertrag vorgesehen wäre. Verdi ist das zu wenig. 

Das fordert Verdi von Amazon:

  • In Bad Hersfeld, notiert Verdi, verdiene ein Kommissionierer zu Beginn seiner Tätigkeit 9,83 Euro pro Stunde, nach 24 Monaten dann 11,48 Euro  pro Stunde. Nach Tarifvertrag müssten bereits zu Beginn 12,18 Euro pro Stunde gezahlt werden.  
  • Darüber hinaus kritisiert Verdi, dass Amazon weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld kenne.
  • Der Urlaubsanspruch von Amazon-Mitarbeitern liege bei 28 Arbeitstagen pro Jahr – laut Tarif hätten sie Anspruch auf insgesamt 36 Werktage (bei einer 6-Tage-Woche).
  • Zudem seien die Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie für Überstunden bei Amazon deutlich niedriger als nach den Regelungen im Tarifvertrag der Branche Einzel- und Versandhandel.
  • Im Ergebnis, argumentiert Verdi, bedeutet das alles: Ohne Tarifvertrag verdienten Amazon-Arbeitnehmer - je nach Schichtarbeitszeiten – bis zu 9.000 Euro (brutto) weniger im Jahr.