Berliner Literaturpreis 2014 für Hans Joachim Schädlich

"Neue, irritierende Formen der Rede"

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Hans Joachim Schädlich erhält den Berliner Literaturpreis 2014 der Stiftung Preußische Seehandlung. Sein Werk "ist ein nicht zu ersetzendes Gegengift gegen Dummheit, Übereilung und Schlamperei", urteilte die Jury.

Die Jury schreibt in ihrer Begründung: "Der Erzähler Hans Joachim Schädlich ist ein Meister in der Kunst, etwas zu sagen, ohne es direkt zu sagen. Lakonie bestimmt sein Schreiben seit "Versuchte Nähe" (1975). Sie verdankt sich den moralischen Überzeugungen dieses Autors, seinem Willen zur Wahrheit und einer treffenden, nicht korrumpierten Sprache. Ohne zu moralisieren, dem Leser die Flucht ins bequeme Psychologisieren nahezulegen, erzählt Schädlich von den Verheerungen des 20. Jahrhunderts."

Seine Geschichte vom ewigen Spitzel "Tallhover" (1986) sei längst klassisch geworden; sein Roman "Kokoschkins Reise" (2010) führe in die Epizentren des Totalitarismus. Die Kunst der Reduktion habe Schädlich, fernab der literarischen Moden, aufgefächert und zugleich radikalisiert wie in "Sire, ich eile!", seinem Roman über Friedrich den Großen und Voltaire. "In wenigen knappen Sätzen vergegenwärtigt er tatsächliches und fiktives Geschehen mit einer Intensität und Anschaulichkeit, die in der deutschen Gegenwartsliteratur konkurrenzlos ist", fährt die Jury fort. "Seine Bücher entwerfen neue, irritierende Formen der Rede, mal bitter und sarkastisch, mal weise und tröstlich. Dieses funkelnde, reiche Lebenswerk ist ein nicht zu ersetzendes Gegengift gegen Dummheit, Übereilung und Schlamperei."

Hans Joachim Schädlich wurde 1935 in Reichenbach/Vogtland geboren, studierte Germanistik in Berlin und Leipzig. Von 1959 bis 1976 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften der DDR. Nach Unterzeichnung der Biermann-Petition wurde er entlassen, 1977 reiste er in die Bundesrepublik aus.

Der Berliner Literaturpreis ist mit 30.000 Euro dotiert. Weiter ist damit die Heiner-Müller-Gastprofessur für deutschsprachige Poetik an der FU Berlin verbunden, die Schädlich annimmt. 

Die Auszeichnung wird am 26. Februar 2014 in Berlin vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit verliehen, so die Mitteilung der Stiftung.