Interview mit dem neuen HoCa-Verleger Daniel Kampa

"Das Persönliche spielte eine nicht geringe Rolle"

8. Oktober 2013
von Börsenblatt
Nach 20 Jahren bei Diogenes ist Daniel Kampa (42) der neue Kopf von Hoffmann und Campe. Im Interview spricht er über seinen Wechsel nach Hamburg, sein inniges Verhältnis zu Daniel Keel und die anstehenden Veränderungen.

Von Diogenes zu Hoffmann und Campe − wie haben Sie das Ihren Schweizer Freunden erklärt?

Steuerliche Gründe sind es gewiss nicht gewesen. Einige meiner Freunde haben sich angesichts meines Alters schon gewundert, dass ich tatsächlich an die 20 Jahre bei Diogenes gearbeitet habe. Es begann mit einem einjährigen Volontariat, mein erster fester Job nach dem Studium. Eigentlich wollte ich nach einem Jahr Diogenes nach New York gehen, für ein Praktikum bei Random House. Wie so viele! Aber dann bin ich doch in Zürich geblieben, und plötzlich waren 20 Jahre vergangen. Mit ein wenig Verspätung mache ich mich jetzt auf nach Hamburg.

Bei Diogenes waren Sie der engste Vertraute von Daniel Keel. Was haben Sie von ihm gelernt?

Daniel Keel hat vorgelebt, dass ein Verleger alles tun muss für seine Bücher und mehr sein muss als nur ein Homme de Lettres. Keel war auch ein Marketing- und PR-Genie, ein Ausstattungsfanatiker und Grafiker und, nicht zu vergessen, ein gewiefter Geschäftsmann. Auch ganz wichtig: der eigenen Nase zu folgen, nicht irgendwelchen Trends hinterherzuhecheln. Keels Arbeitswut war bemerkenswert, "l'aventure c'est du boulot, du boulot, du boulot" (Abenteuer bedeutet vor allem Arbeit, Arbeit, Arbeit), diesen Satz von Blaise Cendrars hat er oft zitiert. Daniel Keel hat mich wie kein anderer Mensch gefördert, niemand hat mir, ohne es zu wollen, so viel beigebracht − über Bücher, aber auch über das Leben. Ich habe ihn sehr verehrt, ich denke jeden Tag an ihn.

Wie kam es überhaupt zu dem Engagement bei HoCa?

In den ersten Jahren bei Diogenes hatte ich einige Angebote von anderen Verlagen, damals kamen sie eindeutig zu früh, in den letzten Jahren dann zu spät: Meine Bindung zu Herrn Keel war sehr stark. Als es ihm gesundheitlich schlechter ging und dann noch seine Frau Anna starb, war für mich klar, dass ich, so lange er lebte, den Verlag nicht verlassen würde. Ich hätte mir das nie verziehen.

Warum Hoffmann und Campe?

Ein nicht unerheblicher Anreiz war der Umstand, dass der Posten gerade vakant war … Die Aufgabe liegt mir, weil es in Hamburg ein ähnliches Literaturverständnis gibt wie bei Diogenes, aber auch ein erfolgreiches Sachbuchprogramm − für mich ein spannendes Neuland. Vor allem aber steht bei Hoffmann und Campe mit Thomas Ganske ein Eigentümer hinter dem Verlag, der ein leidenschaftlicher Büchermensch ist und an die Zukunft des Buches glaubt. Am Ende spielte das Persönliche eine nicht geringe Rolle.

Hoffmann und Campe ist ein Verlag mit einer großen programmatischen Breite. Muss sich der Verlag entscheiden, ob er mehr Hanser oder mehr Lübbe sein will?

Die Marke Hoffmann und Campe ist zwar nach wie vor sehr stark, aber wir wollen erreichen, dass sie eindeutig für gute und gut lesbare Literatur und für ton­angebende Sachbücher steht. Das Konzept des genreübergreifenden, überbordenden Publikumsverlags ist heute klar überholt, eine Hardcover-Vorschau mit 40 bis 50 Titeln können Journalisten und Buchhändler nicht mehr verdauen.

Was steht für die ersten Wochen in Hamburg auf Ihrem persönlichen Plan ganz oben?

Mit dem Fahrrad die Stadt erkunden. Zur ersten Hoffmann-und-Campe-Buchpremiere fuhr ich mit dem Rad und kam prompt zehn Minuten zu spät. Sehr peinlich. Ich hatte mich verfahren und noch dazu die Distanz zum Literaturhaus völlig unterschätzt. Hamburg ist eben doch größer als Zürich. Netterweise ist Matthias Politycki nicht nachtragend.

Interview: Holger Heimann