Die Sonntagsfrage zu "Acht Betrachtungen"

Wie mutig muss man sein, um Autoren einfach mal machen zu lassen?

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Hauke Hückstädt (Literaturhaus Frankfurt) und Verlegerin Cristina Henrich-Kalveram (Henrich Editionen) haben acht bekannte Autoren ins Museum für Moderne Kunst geschickt. Die Autoren konnten über ein Objekt ihrer Wahl schreiben - nur die Zeichenzahl war vorgegeben.

Bei der Präsentation der mit dem MfG-Award ausgezeichneten Pappmappen im Literaturhaus kannten nur die Autoren die Texte. Ganz schön mutig, oder?Hauke Hückstädt: Nein, das ist anders. Die Autoren brauchen den Mut. Wir alle sind doch auf eine Weise abhängig von ihnen. Die meisten Autoren sind aber ritterlich vor den Aufgaben.

Cristina Henrich-Kalveram: Ja, genau. Wir waren lediglich gespannt, wie das Ergebnis wird und die Herstellung hat natürlich gehofft, dass der vorgegebene Umfang von den Autoren auch eingehalten wird.


Wie ist es eigentlich zu dem mit dem MfG-Award ausgezeichneten Projekt "Acht Betrachtungen" gekommen?
Cristina Henrich-Kalveram: Es war die Idee von Hauke Hückstädt, der sie bei einem Essen mit Susanne Gaensheimer einmal eher beiläufig erwähnte, wohl aber schon immer einmal umsetzen wollte. Der Ansatz war, zwischen den beiden Frankfurter Institutionen, dem MMK Frankfurt und dem Literaturhaus Frankfurt eine Schnittstelle herzustellen zwischen Kunst und Literatur, zwischen jüngeren Autoren und Bildender Kunst, zwischen Text und Werk.Alle Beteiligten waren von der Idee begeistert und die Umstände wollten es so, dass dann alles schnell zustande kam. Die Aventis Foundation und die Stadt Frankfurt gaben fördernden Vorschub.

Hauke Hückstädt: Ja, und wir haben dann acht Autoren ausgewählt, die für die Vielseitigkeit des zeitgenössischen Erzählens stehen und die vereint, dass sie alle Affinitäten aufweisen zu noch anderen Sparten, Künsten und Genres. Glücklicherweise haben alle acht, also Judith Schalansky, Peggy Mädler, Helene Hegemann, Annika Scheffel, Thomas Pletzinger, Leif Randt, Thomas von Steinaecker und Sasa Stanisic, sofort zugesagt und wir mussten keine Kompromisse machen. Außerdem glauben wir, dass diese acht Autoren von Bedeutung bleiben werden. Jeder Autor war dann gefordert und eingeladen sich ein Werk im MMK auszuwählen, um dann frei einen assoziierbaren Text dazu zu schreiben.

Wie sah die Verwirklichung bis zur Präsentation im Literaturhaus aus?
Hauke Hückstädt (Hg.): Es gab dann vier Lesungen im MMK mit jeweils zwei Autoren, die vor den Werken, ihre Texte vorstellten.

Cristina Henrich-Kalveram: Es hat alles gleich gepasst: Nach dem ersten Treffen mit dem Grafikbüro von Zubinski waren wir uns schnell einig, dass wir mit der Wellpappe als Mappe den Charakter der Veranstaltungsreihe am besten treffen. Dennoch, der Herstellungsprozess war ein wenig länger als üblich. Zuerst gab es die Sammelmappe mit nur einem Buch, der die acht ausgewählten Werken aus der Sammlung des MMK, sowie die Autoren-Biografien und Fotos darstellte. Und schließlich, nach einem Jahr, am Ende der Veranstaltungsreihe, gab es einen Textband. Diesen konnte man mit einem Klettverschluss in die vorher erworbene Mappe einfügen. Als das Buch dann komplett war, wir also sowohl den Werke- als auch den Texte-Band fertig hatten, kamen alle acht Autoren zum Finale des Projekts in das nahezu ausverkaufte Literaturhaus.

Wie viel Mut haben Sie gebraucht, um ein Ihnen "unbekanntes" Buch im Literaturhaus vorzustellen?

Hauke Hückstädt (Hg.): Für solch wunderbare Projekte braucht es seitens eines Veranstalters keinen Mut. Die sprechen doch für sich. Wer hat schon acht solcher Autoren an einem Abend zu Gast. Es waren ja dann nur Sieben, und trotzdem war es gut, auch ohne Helene Hegemann.

Nach Erscheinen der limitierten Pappmappe ist gerade ein Taschenbuch mit allen Texten und den beschriebenen Objekten entstanden. Wann fiel die Entscheidung zum Taschenbuch?
Cristina Henrich-Kalveram: Ziemlich schnell, denn nur nach wenigen Wochen war die Mappe vergriffen.

Hat sich der Mut also gelohnt?
Hauke Hückstädt (Hg.): Die Idee hat sich gelohnt. Und der Mut der Autoren hat das Beste hervor gebracht.

Cristina Henrich-Kalveram: Jederzeit wieder.