3. eBookCamp

Der Preis ist heiß

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Wie viel Luft nach unten ist bei den E-Book-Preisen? Um Preisschwellen, Kundenakzeptanz und kalkulatorische Stellschrauben im wachsenden E-Segment drehte sich die dritte Ausgabe des eBook-Camps, das am Samstag in Hamburg im Maker Hub über die Bühne ging.

Das eBook-Camp ist ein Barcamp für E-Book-Macher von E-Book-Machern. Ehrenamtlich organisiert, konnte das fünfköpfige Veranstaltungsteam (Carsten Raimann, Ute Nöth, Janina Hein, Andrea Schlotfeldt, Felix Wolf) auch in diesem Jahr rund 100 Teilnehmer versammeln. Zielgruppe sind vor allem die Macher in den Verlagen, einige Buchhändler und Dienstleister besuchten ebenfalls die drei mal drei Table-Sessions, die jeweils parallel stattfanden. Hauptsponsor war erstmals der Rowohlt Verlag, der seine Session zum interaktiven, enhanced –Book Death Book jedoch kurzfristig zurückziehen musste. Stattdessen freute sich Oetinger über die Möglichkeit, sein Programm Tiger Create vorzustellen, mit dem auch andere Verlage ab nächstem Jahr auf einfache Weise Apps produzieren und über ein Lizenzmodell vermarkten können.

Mit einer gut-hanseatischen Portion Kaufmannsgeist ausgestattet, war der neugewonnene Sponsor „Die ZEIT" unter allen drei Sponsoren am präsentesten – mit riesigen Taschen, Magazinen und Werbegeschenken präsentierte der Verlag den eBook-Campern auch sein eigenes E-Book-Programm. Bereits zum dritten Mal dabei war der AKEP – der Arbeitskreis für elektronisches Publizieren im Börsenverein will das gut etablierte Format 2014 erstmals nach München holen, Sprecher Steffen Meier widmete seine diskussionsfreudig gestaltete Session der Internationalisierung der E-Books und der aktuellen Preisentwicklung, bei der der Trend weiterhin nach unten zeigt.

Kartoffelsuppe und das Du

Genauso wichtig für die Teilnehmer wie das Programm war die Gelegenheit zum Netzwerken. Halbstündige Kaffee-und Kartoffelsuppenpausen zwischen den Sessions und ein geselliger Ausgang halfen ebenso wie das barcamptypische Du beim Kennenlernen.

Preisrutsch beim E-Book

Die Akzeptanz der Kunden für E-Books auch nur annähernd so viel zu zahlen wie für E-Books, ist nur in den Bereichen Fachbuch und Ratgeber ausgeprägt. Die Schmerzgrenze beim Leser liegt im Bereich bei rund 10 Euro – 70 Prozent des Hardcover-Preises für ein E-Book zu verlangen, ist in Zeiten des Selfpublishings schon heute utopisch. Freiwillig, darauf wies auch die von Maike Prehn vorgestellte und noch laufende Untersuchung an der Uni Hannover hin, würden E-Leser Preise zwischen drei und acht Euro auf den Tisch legen.

Vielmehr deutete sich an, dass sich das E-Book als eigenständige Veröffentlichungsform nicht nur vom Workflow, sondern auch dem Monetisierungsrhythmus vom Printbuch entkoppeln muss. Etwa seit einem Jahr experimentieren die Verlage verstärkt mit verschiedenen Preismodellen und Veröffentlichungsformen, nicht nur dotbooks sondern auch Zeitungsverlage wie die „ZEIT“ (aktuell 21 Titel, Start des E-Book-Programm war im Juni 2013) machen mit Preisaktionen und niedrigeren Preisen gute Erfahrungen. Der Cora-Verlag hat sich auf Mobilleserinnen eingeschossen – und veröffentlicht seine Serien häppchenweise.

Beim E-Book-Pricing ist noch Raum nach unten – dieser These stimmte der Großteil der Verlagsmitarbeiter zu. Bei der Kalkulation gibt es aber ganze eigene Probleme: „Wir müssen aufhören, uns das E-Book schönzurechnen“, forderte Nina Kreutzfeldt (Kreutzfeldt digital). Die Buchverlage werden langfristig ohnehin nicht am „Steve-Jobs-Effekt“ rütteln können, der digitale Produkte dazu verdammt, günstig zu sein. Dass der „richtige“ Preis vor allem etwas mit dem Preisumfeld zu tun hat, mussten viele Verlage bereits mit ihren aus buchhalterischer Sicht erfolglosen enhanced E-Book-Experimenten erfahren. Teure Apps im Umfeld von Gratis- oder 99-Cent-Apps im Appleshop zu platzieren, hat sich jedenfalls nicht als Erfolgsstrategie erwiesen. Auch Amazons Selfpublisher drücken die Preise – nicht unbedingt ein Makel. Nach Erfahrung vieler Verlage steigen die Ab- und Umsätze deutlich, wenn beim E-Book ein niedriger Preis angesetzt wird. Kurzfristige Preisaktionen (auf Subskriptionsbasis ohne weiteres mit der Preisbindung vereinbar) sorgen in vielen Fällen auch später für eine stärkere Nachfrage. Vor allem die jungen E-Verlag Start-Ups aus Berlin und Hamburg konnten hier Erfahrungen einbringen.

Wo Zeitungsverlage aktiv Zweitverwertung betreiben und E-Book-Erlöse schlicht „on top“ kommen (Cigdem Aker, Projektmanagerin E-Books bei „ZEIT“-Verlag), profitieren Publikumsverlage von der aktiven Wiederbelebung ihrer Backlist (longtail), die im Sortiment kaum noch eine Rolle spielt.

Fragezeichen bei den Erlösmodellen

Herrschte beim Thema E-Book-Pricing weitestgehend Einigkeit, dass die Reise von der Dachterrasse ins Erdgeschoss geht, hielten sich Teilnehmer und Sessionleiter bei der entscheidenden Frage der Erlösmodelle deutlich zurück. Wie im Musikbereich steht so zu befürchten, dass branchenfremde Teilnehmer trotz Versuche wie der Lendingplattform Skoobe (Joint Venture von Holtzbrinck und Random House) oder LOG.OS (vorgestellt von Initiator Volker Oppmann) Modelle etablieren werden, dessen Handelsrabatte den Verlagen wohl keine Freudentränen in die Augen treiben werden. Immerhin: Von den befürchteten Kannibalisierungseffekten des E-Books auf Print war von keinem Verlag zu hören. Und die Kartoffelsuppe war ausgezeichnet.