Was Download-Karten dem Buchhandel nützen

Vom Umsatz der anderen

11. November 2013
von Börsenblatt
Die alte Idee, E-Books direkt in einer Buchhandlung zu verkaufen, stößt plötzlich sogar jenseits der Branchengrenzen auf Interesse: Auch ContentCard will jetzt im Sortiment Fuß fassen. Ein Gespräch mit Markus Rieker, COO des Unternehmens - über seine Pläne und den Sinn von Downloadkarten im stationären Handel.

Gutscheinkarten sind den Deutschen bestens vertraut, sukzessive räumen auch Buchhändler dafür Platz frei. War das überfällig?

Rieker: Der Zeitpunkt ist gut gewählt, das Produktangebot passt jetzt auch für den Buchhandel. Kunden, die in eine Buchhandlung gehen, erwarten heute ein breites Spektrum an Informationen und Angeboten – Händler wiederum können von der steigenden Nachfrage nach digitalen Inhalten profitieren. Ich denke da an E-Books, aber auch an Games und anderes.

Haben Sie je versucht, im Buchhandel Fuß zu fassen?

Rieker: Ja, mehrmals und auf unterschiedliche Weise. Mit Langenscheidt haben wir zum Beispiel ein Wörterbuch als ContentCard auf den Markt gebracht, mit Merian Scout eine Reihe von Reiseführern. Im Moment sind wir mit verschiedenen Distributoren, auch Buchgroßhändlern, im Gespräch.

Mit welchem Ziel?

Rieker: Komplettangebote zu entwickeln, inklusive Marketing. Dabei verstehen wir uns hier aber nicht als diejenigen, die die Umsetzung machen – auch wenn wir das grundsätzlich könnten. Wir wollen eher die Distributoren der Branche in die Lage versetzen, ihr Sortiment auszuweiten, damit sie ihre Kunden weiterhin effizient und effektiv beliefern können.

Wann werden Sie dien Sack zuschnüren?

Rieker: Da die Gespräche noch laufen, möchte ich keine Details nennen.  

Was hätten Buchhändler davon, wenn sie ContentCards in ihre Läden holen?

Rieker: Sie können ihr Sortiment ausbauen, von den Zuwächsen im Downloadmarkt profitieren, Kunden binden und zusätzliche Umsätze erwirtschaften. Händler sind mit solchen Gutscheinkarten in der Lage, Produkte zu verkaufen, die sie gar nicht im Laden haben. Vor allem, wenn sie neben den Karten noch den ContentKiosk nutzen – das ist eine Art interaktives Touch-Terminal, über das Kunden Zugriff auf alle unserer rund 4.000 Produkte haben. Außerdem kann man mit diesem Terminal dem Kunden zusätzliche Hilfe bei der Kaufentscheidung an die Hand geben, wie Leseproben, Videos, Bildmaterial und vieles mehr, und das ohne viel investieren zu müssen.

Allerdings würde das Buchhändler auch in die Lage versetzen, Gutscheinkarten für die Konkurrenz zu verkaufen, da Sie zum Beispiel auch Karten von Amazon, EBook.de und Skoobe im Programm haben.

Rieker: Ich weiß, was Sie meinen – wir kennen das Phänomen, zum Beispiel aus dem Lebensmitteleinzelhandel oder dem Elektronikhandel. ‚Amazon kommt mir nicht ins Haus‘, sagten da anfangs viele, aber das Thema ist bei den meisten mittlerweile vom Tisch. Weil sie sehen, dass sie Kunden in den Laden bekommen und auch etwas von dem Umsatz mitnehmen können, den eigentlich andere über das Internet abwickeln. Man muss das ausprobieren.

Welche Marge können Sie bieten?

Rieker: Zu den Margen im Moment nur soviel: Kein Buchhändler wird schlechter dastehen als heute – verglichen mit Geschenkkarten-Modellen, die er schon kennt. Wer dazu Fragen hat, kann sich jederzeit gern bei uns melden.

Stadtteilladen, Kleinstadtsortiment, Großfläche: Wo könnten Sie sich Ihre Karten am ehesten vorstellen?

Rieker: Prinzipiell kann man solche Produkte, da sie keine große Wertbindung aufweisen und finanziell auch kein großes Investment fordern, in jede beliebige Buchhandlung, jeder Größe und in jeder Lage integrieren. Wichtig ist nur, dass die Downloadkarten thematisch dazu passen und man für sie im Laden einen guten, sprich hochfrequentierten Platz findet. Der Kassenbereich eignet sich unserer Erfahrung nach dafür besonders, weil dort der Abverkauf einfach am höchsten ist.  

Buchhändler sind mit IT-Lösungen schon recht gut ausgestattet. Inwiefern ließe sich die ContentCard hier integrieren?

Rieker:
Mache ich eine Kassenintegration oder reicht eine Weblösung, setze ich auf Terminals, wo Kunden selbst zahlen und ihre Karte aktivieren? Es gibt sehr viele Möglichkeiten – wir raten immer zu der Lösung, die für Endkunden am einfachsten und für den Händler am kostengünstigsten ist.

Entwickeln Händler mit Ihnen zusammen auch ihr eigenen Gutscheine – für den eigenen Downloadshop?

Rieker: Auch das.

Anders als Sie favorisieren Ihre Wettbewerber titelbezogene Karten. Wäre das auch ein Modell für Sie?

Rieker: Dazu habe ich eine persönliche Meinung und eine offizielle. Die Offizielle lautet: Wir wissen nicht, welches Modell sich am Markt letztlich etablieren wird und sollten deshalb auch unterschiedliche Konzepte testen. Persönlich habe ich indessen so meine Zweifel, ob titelbezogene Karten funktionieren können. Dafür müssten sie schon wirklich geschenkefähig, attraktiv und hochwertig sein. Doch hin wie her: Ich weiß, dass Großhändler und der Handel das Modell derzeit präferieren, und wir stellen uns dem auch keinesfalls entgegen: Wir unterstützen das und haben für solche Fälle ein neues Terminal entwickelt, das MiniKiosk heißt. Den Rest zeigen später die Absatzzahlen.


Interview: Tamara Weise


Über ContentCard:

Als "clevere Verpackung digitaler Produkte" bezeichnet ContentCard sein Angebot, das auch dem Buchhandel offen steht. Die Firma vertreibt Gutscheinkarten aus Plastik auf Kommissionsbasis – über Händler aller Größen (Famila, Globus, Tankstellen u.a.; ca. 10 000 Standorte). Das aktuelle Portfolio umfasst rund 4.000 Produkte , zum Beispiel Musik, Software oder Spielelizenzen. Käufer erhalten einen Downloadcode fürs Web; zu den Partnern gehören etwa ebook.de und Skoobe.de.  

Die ContentCard AG, 2004 gegründet, ist Teil der Brodos Unternehmensgruppe - einer der größten Distributoren für Mobilfunk in Deutschland mit rund 370 Mitarbeitern, einem Umsatz von ca. 223 Mio. Euro pro Jahr und einem rund 3.000 Quadratmeter großen Distributions- und Logistikzentrum.