Die Folgen der Weltbild-Insolvenz

Ein Schuldenberg von 190 Millionen Euro

12. Januar 2014
von Börsenblatt
Hat Hugendubel den Absprung verpasst? Wird der Konzern jetzt zerschlagen? Ist er überhaupt verkäuflich oder droht nun Schlecker 2? Die Insolvenz von Weltbild schlägt hohe Wellen. Was sie zutage fördern: boersenblatt.net gibt den Überblick.
Was geschieht mit der DBH – und Hugendubel?

Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ sollte die DBH zum Stichtag 31. Januar 2014 aufgespalten werden – um Hugendubel aus dem Verbund herauszulösen.

Dazu kam es nicht mehr. Die Geschäftsführung sagte boersenblatt.net am Freitag, man sei von den Entwicklungen in Augsburg zwar überrascht worden, stünde jedoch nicht unvorbereitet da. „Wir hatten auch dieses Szenario rein vorsorglich in unsere Überlegungen einbezogen und sind bereits in intensiven Gesprächen mit unseren Geschäfts- und Finanzierungspartnern." Mit welchem Ergebnis diese Gespräche nach der Insolvenz des zweiten Gesellschafters (Weltbild hält 50 Prozent) nun weitergehen können und enden: unklar. Aktuell ist die DBH von der Insolvenz nicht betroffen.

Weltbild-Chef Carel Halff ist, wie berichtet, schon vor Monaten auf Distanz zum stationären Geschäft gegangen. Im Herbst 2012 erklärte er, dass die Verkaufsflächen in der Branche mittelfristig um "mindestens 50 Prozent" zurückgefahren würden und auch die DBH weiterhin auf Verkleinerungen setze. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert nun aus einem im Sommer 2013 von KPMG erstellten Gutachten. Angeblich war es danach beschlossene Sache: Bis 2016 habe sich Weltbild von einem Großteil der Filialen trennen wollen, schreibt die Zeitung.

Wie hoch sind die Schulden von Weltbild?

Nach dem Blick auf die aktuellen Zahlen sei vergangene Woche – allein das Weihnachtsgeschäft habe acht Millionen Euro unter Plan gelegen, so die „Süddeutsche Zeitung“ – klar geworden, dass die anvisierten 60 Millionen Euro nicht ausreichen würden, um Weltbild wieder aufzurichten.

Stattdessen liege der Finanzbedarf jetzt gut doppelt so hoch: bei 130 Millionen Euro. Insgesamt schiebe Weltbild einen Schuldenberg von 190 Millionen Euro vor sich her, berichten mehrere Medien übereinstimmend (mit Verweis auf Unternehmenskreise).    

Die „FAZ“ berichtet zudem von drastischen Umsatzrückgängen: Beobachtern zufolge habe das Unternehmen im vergangenen Jahr "noch allenfalls 650 Millionen Euro" umgesetzt, heißt es.  

Endet Weltbild als „Schlecker 2“?

Die Berater von KPMG halten das offenbar für möglich. Laut „Süddeutscher Zeitung“ haben sie in ihrem Sanierungsgutachten davor gewarnt, angeblich sogar wortwörtlich. In Verhandlungskreisen rede man nun  ähnlich.

Der Geschäftsbetrieb geht weiter, kommt es zur Zerschlagung?

Insolvenzwalter sind dazu angehalten, im Sinne der Schuldner zu handeln und das Unternehmensvermögen zu sichern. Unter Berufung auf nicht näher benannte Experten kommt die „FAZ“ zu dem Schluss, dass an einem Verkauf kein Weg vorbeiführe – dass Weltbild zerschlagen werde, sei unvermeidbar, so die Zeitung.

Was den Geschäftsbetrieb angeht, rechnet die „FAZ“ in der nächsten Zeit bei Weltbild zumindest mit Schwierigkeiten: Aufgrund des Insolvenzantrags müsse das Unternehmen jetzt alle Waren vorfinanzieren – das erfordert Liquidität.

Welche Rolle spielen die Banken?

Sie stimmten der Sanierung zu. Dass sich die Gesellschafter nun anders entschieden, stößt vor allem bei Verdi auf Kritik. Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck sagte der Katholischen Nachrichtenagentur KNA, die Kirchen hätten die Hilfe von 60 Millionen Euro zurückgezogen – obwohl die Banken dem Sanierungsplan grünes Licht gegeben hätten.

Radio Vatikan bestätigt das und meldet: Die Geschäftsbanken, darunter die beiden kirchlichen Institute Liga (Regensburg) und Pax (Köln), hätten sich mit dem Vorgehen der Gesellschafter einverstanden erklärt und ihrerseits zugesagt, eine Zeitlang auf auf Schuldendienst und Tilgung zu verzichten.         

Laut "FAZ" wird die Summe (rund 60 Millionen Euro) nach dem Gang zum Insolvenzgericht nun umgewidmet: Angeblich soll aus diesem Topf der Sozialplan für die Mitarbeiter gespeist werden.

Wie will Horst Seehofer helfen?


Die Nachricht von der Weltbild-Insolvenz verbreitete sich am Freitag in Windesweile. Horst Seehofer, bayerischer Ministerpräsident, beschloss kurzerhand, den Mitarbeitern beizuspringen. „Wir als Staatsregierung werden alles, was sich an wirksamen Möglichkeiten eröffnet, unterstützen“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur dpa vor zwei Tagen – keiner der 2.200 Augsburger Mitarbeiter werde im Stich gelassen.

Gestern war Seehofer nun persönlich in Augsburg, er kam zum Neujahrsempfang der CSU-Fraktion ins Rathaus – wo ihn die „Augsburger Allgemeine“ antraf. Seehofer bleibt demnach dabei: „Wir stellen uns als Partner zur Verfügung, um die Schicksale der Mitarbeiter und ihrer Familien abzufedern“, wird er von der Zeitung zitiert. Jedoch setzte er offenbar auch gleich Grenzen: Es werde „keine Subventionen in die Vergangenheit geben, sondern nur in tragfähige Modelle für die Zukunft“, darüber werde er auch in seinem Kabinett beraten, so Seehofer gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“. Was ihn optimistisch stimmt: Dass Arndt Geiwitz zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt wurde, hält er für ein positives Signal.

Was planen Stadt, Gewerkschaft und Betriebsrat?

Gestern gab es einen Runden Tisch in Augsburg – unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Kurt Gribl. Verdi zufolge endete das Treffen mit einer positiven Prognose für Weltbild: Das Unternehmen könne fortgeführt werden, darüber herrsche Einigkeit, so die Gewerkschaft.

Der Weltbild-Betriebsratsvorsitzende Peter Fitz sieht sich nach Verdi-Auskunft bestätigt. Er betonte nach dem Treffen: „Wir fühlen uns in unserer Position gestärkt, dass Weltbild eine Zukunft hat, wenn jetzt alle an einem Strang ziehen.“

Am Runden Tisch saßen außer ihm die Wirtschaftsreferentin Eva Weber, Verdi-Betriebsgruppensprecher Tim Boßmann und der Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck. Auch die Handwerkskammer, die IHK Augsburg und die Agentur für Arbeit hatten Vertreter geschickt. In den kommenden Wochen wollen sie ihre Gespräche – „in enger Taktung“ – fortsetzen.

Wie stellen sich die kirchlichen Gesellschafter zur Insolvenz?

Öffentlich bedauern sie die Folgen ihrer Entscheidung, versprechen den Mitarbeitern ihre Unterstützung. Peter Beer, Generalvikar des Erzbistums München und Freising und seit Ende 2011 auch Aufsichtsratschef von Weltbild, sagte laut „Augsburger Allgemeinen“, man würde „zur Abfederung sozialer Härten“ Mittel bereitstellen. „Die Gesellschafter stehen in dieser schwierigen Situation zu ihrer sozialen Verantwortung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“

Nichtsdestotrotz halten sie ihr Vorum für richtig. Beer betont im „Handelsblatt“: „Ein derart hoher finanzieller Aufwand kann zumal angesicht verbleibender erheblicher Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Entwicklung des Unternehmens von der Gesellschaftern nicht verantwortet werden.“

Einige Medien, etwa „Die Welt“, sehen auch Verbindungen zur Bauwut des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst – der Millionen Euro für den Umbau seiner Residenz abzwackte. Weiteres Geld auszugeben, habe sich da wohl von selbst verboten, mutmaßt die Zeitung.