Kritik am Rückzug der Bischöfe bei Weltbild

Zu viele Köche

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Zu viele unterschiedliche Interessen von zu vielen Bistümern und die Vernachlässigung der religiösen Sparte: Das sind nach Einschätzung von Unternehmensberater und Ex-Benediktiner Anselm Bilgri Kernursachen für die Weltbild-Pleite. Ähnlich schätzt es St.Benno-Verleger Michael Birkner ein, der mit Bilgri in der morgigen Ausgabe der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" zu Wort kommt und die fehlende Kompetenz von Geistlichen als Unternehmer kritisiert.

Unternehmensberater Anselm Bilgri ist einer, der sich mit Betriebswirtschaft und kirchlichen Befindlichkeiten bestens auskennt. Bis 2004 war der Benediktinermönch Wirtschaftsleiter der Abtei St. Bonifaz in München und Prior und Wallfahrtsdirektor des berühmten Klosters Andechs, er rief das Festival "Orff in Andechs" ins Leben und gründete mit einem Investor die zehn Lokale umfassende Restaurant-Kette "Andechser", die Insolvenz anmelden musste - in Wirtschaftangelegenheiten ist ihm alles vertraut. Mit der Rückziehen der kirchlichen Kapitalspritzen werde "das Kind mit dem Bad ausgeschüttet", bemängelt der inzwischen aus dem Orden ausgetretene Priester. Schließlich sei der Vertrieb von Schriften "eine ursprünglich christliche Sache", weswegen er "in Weltbild viel Potenzial für die Kirche" sieht. Seiner Einschätzung nach hätte die Verlagsgruppe ihre religiöse Sparte verstärken müssen. Und zu viele Diözesen mit unterschiedlichen Interessen hätten "das Problem vergrößert und die Entwicklung des Unternehmens behindert". Letztlich sei "jede Pfarrei ein kleines Unternehmen, und jedes Kloster ist auch ein Wirtschaftsbetrieb, also muss sich die Kirche ökonomisch betätigen" - enbtscheidend sei aber, dass sie dabei "verantwortlich handelt und als Unternehmer glaubwürdig bleibt".

Die vielen unterschiedlichen Meinungen und Erwartungshaltungen der an Weltbild beteiligten katholischen Diözesen macht auch der Geschäftsführer des katholischen St.-Benno-Verlags als Ursache für die Schieflage der Verlagsgruppe aus - das habe dazu geführt, dass "oft eher ein kleinster gemeinsamer Nenner" gesucht worden sei. Als problemaisch stufte Michael Birkner in "Christ & Welt" zudem ein, dass in den Weltbild-Aufsichtsgremien viele Geistliche sitzen - er kenne keinen Priester, "der über einschlägige Unternehmer-Erfahrung" verfüge. In einen Aufsichtsrat gehörten auch Fachleute, "die sich vor allem Zeit nehmen, um Perspektiven und Zahlen zu hinterfragen". Die Säkularisierung der Unternehmensziele sei "billigend in Kauf genommen" worden.