Historisch-kritische "Mein Kampf"-Edition

Keine Förderung mehr durch den Freistaat

3. März 2015
von Börsenblatt
Die historisch-kritische Ausgabe von Hitlers "Mein Kampf" durch das Institut für Zeitgeschichte kann nun doch erscheinen − allerdings ohne weitere Unterstützung des Freistaats. Diese Position erläuterte Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU) am 22. Januar im Wissenschaftsausschuss des Bayerischen Landtags. Dem Institut sei es jedoch freigestellt, "die Edition in eigener Zuständigkeit herauszubringen".

"Eine historisch-kritische Ausgabe der ideologischen Hetzschrift Adolf Hitlers wird es im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung nicht geben", sagte Bildungsminister Ludwig Spaenle am 22. Januar im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst, "wir dürfen über das Leid der Opfer des Holocausts und ihrer Angehörigen nicht hinweggehen." Die Bayerische Staatsregierung hatte laut "FAZ"-Bericht im Dezember 2013 die finanzielle Beihilfe für die Edition aufgekündigt und zudem strafrechtliche Schritte wegen Volksverhetzung gegen das Münchner Institut für Zeitgeschichte erwogen, das die Edition dennoch fortführen wollte.

Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, hatte Anfang Dezember in einer Stellungnahme bekräftigt: "Als unabhängige Forschungseinrichtung wird das Institut für Zeitgeschichte dieses Ziel in eigener Verantwortung weiter verfolgen und die Edition fristgerecht zum Ablauf der urheberrechtlichen Sperrfrist Ende 2015 veröffentlichen." Nach den aktuellen Äußerungen des Bildungsministers Spaenle ist der angedrohte Verbotsversuch nun wieder vom Tisch: "Das Institut bleibt in seiner wissenschaftlichen Freiheit unangetastet", so Spaenle, "Es kann die Edition in eigener Zuständigkeit herausbringen."

Der Bayerische Landtag hatte 2012 für einen historisch-kritische Ausgabe von "Mein Kampf" votiert. Die Landesregierung ignorierte im vergangenen Dezember diesen Beschluss und zog die Unterstützung zurück. Man habe sich, so Spaenle, nach Gesprächen mit Opfern des Holocaust, Vertretern jüdischer Organisationen und des Staates Israel "eine Meinung gebildet, die von der bisherigen abweiche". Von der Opposition wird diese Kehrtwende heftig kritisiert, wie Medien berichten. Die rund eine halbe Million Euro, die Bayern bislang in das Projekt gesteckt hat, will der Freistaat laut "Süddeutsche Zeitung" voraussichtlich nicht zuückfordern.

Unkommentierte Ausgaben oder den auszugsweisen Nachdruck der Hetzschrift will die bayerische Staatsregierung auch nach 2015, nach Ablauf der Schutzfrist, "gestützt auf das Strafrecht" (wegen Volksverhetzung) zu verhindern suchen, betonte Spaenle. Man prüfe die Möglichkeiten.

Mit Ablauf der Schutzfrist Ende 2015 wird Hitlers "Mein Kampf" prinzipiell für jedermann frei nutzbar. Mit einer text- und quellenkritischen Ausgabe wollte der Freistaat Bayern ursprünglich verhindern, dass Verlage mit dem Buch Geschäfte machen. Der Freistaat hält die Rechte am Buch und hat bislang einen Druck erfolgreich verhindert.