Die Post bringt’s nicht

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Ärgerlich, wenn Mitte Dezember aufgegebene Büchersendungen erst Anfang Januar eintreffen − und Tante Veronika notgedrungen ein anderes Geschenk bekommen hat: Mit derlei Verzögerungen werden Sortimente wiederholt geschädigt. Meint Buchhändler Ulrich Dombrowsky aus Regensburg − der seinem Ärger Luft macht.

In der "Süddeutschen Zeitung" lese ich, dass die Deutsche Post neue Einkommensquellen sucht. Sie vermittelt für Unternehmen Werbeflächen auf Privatautos und stellt dafür einen monatlichen Tankgutschein für 70 Euro für den Werbefahrer in Aussicht. Schöne Idee! Gern ­würde ich für die Deutsche Post Werbung machen − auch mit Aufkleber am firmeneigenen Wagen.

Aber ich kann nicht. Denn ich ärgere mich maßlos über sie. Schon lange stelle ich fest, dass sie in ihrem Kerngeschäft schlampt. Die "billige" Versandart "Büchersendung" wird von ihr sträflich vernachlässigt. So hatten wir im Dezember einige Fälle, wo es nicht nur "nicht geklappt" hat, sondern wir geradezu geschädigt wurden. Mal abgesehen von Kunden, die eine Woche nach Versendung der Ware von unserer Regensburger Buchhandlung aus Hamburg, Berlin oder Pfullingen anriefen und das Fehlen ihres bestellten Buches reklamierten.

Noch größer ist der Schaden, wenn ein vor Weihnachten bestelltes Buch erst im neuen Jahr eintrifft. So erreichte uns eine Bestellung vom 19. Dezember bei einem kleinen Regensburger (!) Verlag per Büchersendung erst am 2. Januar (obwohl sie am Tag der Bestellung noch fakturiert und angeblich gleich zur Post gebracht worden war) − eine am 16. Dezember aufgegebene Bestellung (da bekommt der Begriff "aufgeben" eine ganz neue Bedeutung) bei einem Verlag in Niedersachsen erreichte uns gar erst am 4. Januar. Da muss die Postkutsche einen Radbruch gehabt und ein Ersatz nicht greifbar gewesen sein.

Zum Ärger über die Verzögerung kommt etwas, was viel schlimmer ist: Wer will im neuen Jahr noch das Buch, das er als Geschenk für Weihnachten eingeplant hatte? Während der Verlag schon auf den Eingang der Zahlung wartet (und das Buch noch zu uns unterwegs ist), stellen wir beim Telefonat mit dem Kunden fest, dass Tante Veronika längst mit etwas anderem beschenkt wurde, die Buchbestellung sich somit erledigt hat und wir das Buch über hand­geklöppelte Töpferware also zurücksenden können. Inzwischen trifft auch schon vom Verlag die erste Zahlungserinnerung ein, während das Buch wieder zehn bis 14 Tage als Büchersendung auf dem Weg zurück zum Verlag ist.

In jeder Familie gibt es einen Spruch, der über Generationen überliefert ist: Der Spruch meiner Vorfahren heißt: "Wir sind zu arm, um uns etwas Billiges zu kaufen." Klingt zunächst absurd, ist aber sehr wahr. Im Zusammenhang mit der Post hieße dies: Das Buchversendegeschäft ist für den Buchhandel eine zu sensible Sache, um sie einer verschlafenen Organisation zu überlassen. Entweder wir beißen in den sauren Apfel des höheren Portos für schnellere Versendeformen. Oder wir wechseln den Anbieter.

Aber vielleicht ist das für Buchhändler mit dem Tankgutschein ja so gemeint: Wir fahren mit unserem Auto am Sonntag einfach selbst los, verbinden das Schöne mit dem Nützlichen und holen uns unsere Bücher selbst von den Verlagen ab. Dabei lernen wir endlich mal die Verleger und Verlegerinnen kennen, haben während der Autofahrt Zeit für unsere Familien (statt uns am einzigen freien Tag der Woche wieder nur hinter einem Buch zu verkriechen). Und die Benzin­kosten übernimmt die Deutsche Post, die mit der Suche nach neuen Tätigkeitsfeldern so ausgelastet ist, dass wir wirklich nicht ernsthaft erwarten können, dass sie sich um so was Popeliges wie eine Büchersendung auch noch kümmert.