Antiquariat

75 Jahre VEBUKU. Peter Bichsel und Alain F. Moirandat im Gespräch

5. Februar 2014
von Börsenblatt
Die Vereinigung der Buchantiquare und Kupferstichhändler in der Schweiz feiert 2014 ihr 75jähriges Bestehen – Anlass für ein Gespräch mit dem seit Mai 2013 amtierenden Vorsitzenden Peter Bichsel (Peter Bichsel Fine Books, Zürich) und seinem Amtsvorgänger Alain F. Moirandat (Moirandat Company AG, Basel).

Wie viele Mitglieder zählt die VEBUKU in ihrem Jubiläumsjahr?

Peter Bichsel: Die VEBUKU zählt derzeit 58 persönliche Mitglieder. Jede Firma kann laut Satzung maximal drei Mitglieder stellen. Für eine Neuaufnahme müssen Anforderungen an die Professionalität erfüllt sein und, wie beim Verband Deutscher Antiquare, Bürgen genannt werden.

Alain F. Moirandat: Wichtig ist in unserem Verbandsnamen die geografische Bestimmung "…in der Schweiz"; es heißt ausdrücklich nicht "Schweizer Buchantiquare…" Das galt bereits zur Gründung 1939, als eine Reihe von Antiquariatsbuchhändlern, die aus dem Deutschen Reich emigrieren mussten, in der Schweiz Zuflucht gefunden hatten; aber es gilt auch heute noch. Die VEBUKU hat Mitglieder unter anderem aus Deutschland und Österreich.

Was sind die die wichtigsten Ziele des neuen Vorstands?

Bichsel: Bei meinem Amtsantritt habe ich die Gewinnung neuer und jüngerer Mitglieder als wohl wichtigste Herausforderung der nächsten Jahre bezeichnet. Im vergangenen Sommer dann haben wir eine Mitgliederumfrage durchgeführt. Daraus kam auch hervor, dass die Mitglieder Interesse an gewissen Dienstleistungen wie einem Tarifvertrag mit der Post, Unterstützung beim Warenexport an Messen im Ausland oder Rechtsberatung hätten. Da wir als Verband ohne operative Geschäftstelle zu klein sind, solche Dienstleistungen eigenständig aufzubauen, habe ich mich mit dem Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband (SBVV) in Verbindung gesetzt, der solche und auch weiterführende Dienstleistungen (wie zum Beispiel Altersvorsorge) anbietet. Vom SBVV liegt ein Entwurf für eine auf unsere Mitglieder zugeschnittene assoziierte Mitgliedschaft vor. Sollten genügend VEBUKU-Mitglieder mitziehen, würde dies auf die Möglichkeit einer freiwilligen Doppelmitgliedschaft in SBVV und VEBUKU hinauslaufen.

Die 1993 begründete Antiquariatsmesse im Kunsthaus in Zürich wird nicht von der VEBUKU getragen, sondern von der Froschauer Genossenschaft. Wie sieht die Zukunft dieser Veranstaltung aus?

Bichsel: Ebenfalls in der Umfrage vom Sommer 2013 votierte eine überwiegende Mehrheit unserer Mitglieder für die künftige Organisation der einzigen Schweizer Buchantiquariatsmesse durch die VEBUKU. Sollte die Generalversammlung vom Mai dies bestätigen, und würde daraufhin die Froschauer-Genossenschaft ihre Auflösung beschließen, wäre der Weg frei, die Messe in Zürich zu einer Verbandsmesse umzugestalten. Das könnte, ohne den Entscheidungsgremien auf beiden Seiten vorgreifen zu wollen, bis zur 20. Messe im Frühjahr 2015 geschehen. Es geht darum, die Antiquariatsmesse Zürich, an der in diesem Jahr 27 Aussteller teilnehmen werden, in ihrem Fortbestand zu sichern und inhaltlich weiterzuentwickeln.


An einer offiziellen Verbandsmesse dürfen sich nach den Richtlinien der International League of Antiquarian Booksellers (ILAB) ausschließlich assoziierte Firmen beteiligen. Besteht da nicht für Zürich die Gefahr des Ausschlusses von Ausstellern?

Moirandat: Das Problem haben wir im Blick. Nach unserer Einschätzung wären nur zwei regelmäßige Aussteller in Zürich von einer solchen Veränderung betroffen. Am einfachsten könnten diese Kollegen diese dann bestehende Hürde durch einen Eintritt in den Verband beseitigen.

Unter www.antiquare.com wird bereits seit Jahren ein "gemeinsames Internetportal der deutschen, österreichischen und Schweizer Antiquare" angekündigt. Wird dieses Projekt noch einmal realisiert?

Bichsel: Nein, im Augenblick steht das Vorhaben nicht auf der Tagesordnung. Zusammen mit dem Verband der Antiquare Österreichs und dem Verband Deutscher Antiquare trägt die VEBUKU allerdings seit 2007 das jährliche Seminar für Antiquare mit, das im September 2014 in Konstanz stattfindet. Von da aus sind Teile des Programms auf Schweizer Boden geplant. Es wäre aus meiner Sicht durchaus denkbar, das Seminar in Zukunft einmal ganz in der Schweiz durchzuführen. Außerdem haben sich einige VEBUKU-Mitglieder am fünften Gemeinschaftskatalog der Antiquare der Genossenschaft der Internet-Antiquare (GIAQ) beteiligt, der im November 2013 erschienen ist.

Und Ihre eigene Website www.vebuku.ch?

Bichsel: In diesem Frühjahr ist ein Relaunch der Website geplant. Die technische Grundlage der Seite wird ähnlich wie die der Website des Verbands Deutscher Antiquare sein, die ebenfalls von Günter Vogel entwickelt wurde.

Wie stehen Sie zu Social-Media-Aktivitäten? Dieter Tausch, der Vorsitzende des Verbands der Antiquare Österreichs, twittert zum Beispiel.

Bichsel: Aktuell stehen für den Vorstand der VEBUKU die genannten Vorhaben im Vordergrund, bei Twitter, Facebook & Co. werden wir uns wohl nicht engagieren. Wünschbar wäre für mich allerdings ein "Antiquariatsführer Schweiz" als Smartphone-App, mit dem Kunden auf einfache und direkte Weise Mitgliedsantiquariate auffinden könnten.

Moirandat: Ich lese etwa das Blog "The Bookhunter on Safari" des britischen Kollegen Laurence Worms regelmäßig. Eine amüsante Lektüre, allerdings ist der Ansatz kaum auf unsere Gegebenheiten in der Schweiz übertragbar. In Großbritannien findet ja praktisch jede Woche irgendwo eine Antiquariatsmesse oder ein Büchermarkt statt. Da hat ein Kollege, der viel herumfährt, einfach einen viel größeren Fundus für Berichte, Betrachtungen und Anekdoten.

Wäre nicht gerade im Netz eine engere Zusammenarbeit der deutschsprachigen Antiquare naheliegend?

Bichsel: Einerseits ja – der deutsche Markt ist beispielsweise für mein eigenes Geschäft, aber auch für andere Kollegen, besonders wichtig. Andererseits müssen und wollen wir die Besonderheit der kulturellen Situation in der Schweiz berücksichtigen. Wir sind eben nicht nur deutschsprachig. Ein knappes Viertel unser Mitglieder stammt aus dem französisch- oder italienischsprachigen Teil der Schweiz. Wenn, dann müsste sich unsere grenzüberschreitende Zusammenarbeit auch nach Frankreich und Italien ausrichten…

Moirandat: Es gab Zeiten, das nur als Ergänzung, in denen Vorstandssitzungen der VEBUKU auf Englisch abgehalten wurden, weil der aus Deutschland stammende und im Fürstentum Liechtenstein tätige Vorsitzende Walter Alicke die französische Sprache nicht beherrschte…

Welche Aktivitäten sind im Blick auf das Jubiläum in diesem Jahr geplant?

Bichsel: Die Umfrage unter unseren Mitgliedern hat ergeben, dass keine außerordentlichen Festivitäten gewünscht sind. Auch eine Fortschreibung der seinerzeit von Jörg Schäfer verfassten Verbandsgeschichte "Die ersten fünfzig Jahre der Vereinigung der Buchantiquare und Kupferstichhändler in der Schweiz", die zum 50jährigen Jubiläum 1989 vorgelegt wurde, wäre zwar vielleicht wünschenswert, steht aber momentan nicht auf der Tagesordnung. Am 10. Mai führen wir in Bern die Jubiläums-Generalversammlung durch mit einem festlichen Nachtessen. Außerdem wollen wir den Anlass zu verstärkter medialer Präsenz und zur Mitgliederwerbung nutzen. Hier sehen wir noch Potenzial, und wir wollen gezielt Kollegen ansprechen, bei denen wir die Voraussetzungen für eine Verbandsmitgliedschaft erfüllt sehen. Die Höhe des Mitgliedsbeitrags der VEBUKU – derzeit 150 Franken jährlich – ist dabei aus unserer Sicht kein Hindernis für einen Eintritt.

Also auch im Fall der VEBUKU, wie anderenorts zu beobachten, eine Öffnung?

Moirandat: Der Handel mit antiquarischen Büchern oder mit Grafik sollte im Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit neuer Mitglieder stehen und eine wesentliche Einnahmequelle für den Lebensunterhalt darstellen. Unabdingbar sind natürlich weiterhin Fachkenntnisse, zumal die VEBUKU sich auch als Standesvereinigung versteht. Für eine so verstandene Öffnung sieht der Vorstand eine Mehrheit unter den Mitgliedern.

Bichsel: Sehen Sie, seit das Internet praktisch sämtliche Marktschranken beseitigt hat, wäre es ein anachronistisches Verhalten, den Verband als Gralshüter des Marktzugangs hochzuhalten. Die Exklusivität kann heute nicht darin bestehen, Kollegen vom Markt fernzuhalten. Exklusivität hingegen verstanden als Exzellenz, als Gütesiegel, kann und soll den Kunden auf der Wildbahn des Antiquariatsmarkts eine Orientierungshilfe sein.

Die Fragen stellte Björn Biester.