Interview mit Michael Sutmöller zum Zukunftstag von LG Buch, MDG und Umbreit

"Kein Tag ohne Korrekturen"

6. Februar 2014
von Börsenblatt
„Veränderung wagen“: So lautet das Thema des Zukunftstags von LG Buch, MDG und Umbreit in diesem Jahr (24. Februar, Bietigheim-Bissingen). Auch Michael Sutmöller, Buchhändler aus Melle, steht auf der Referentenliste – weil er es Jahr für Jahr schafft, mit seinem Unternehmen ein Umsatzplus zu erwirtschaften. boersenblatt.net hat ihn gefragt, wie er das schafft.

Beim Zukunftstag wollen Sie zeigen, wie eine mittelständische Buchhandlung auf den Wandel im Handel reagieren kann. Welchen Tipp wollen Sie Ihren Kollegen unbedingt mit auf den Weg geben?
Ich will ihnen deutlich sagen, dass es heute lebenswichtig ist, sich zu verändern. Täglich an meinem Auftritt im Geschäft, aber auch in der öffentlichen Wahrnehmung am Ort, zu arbeiten und dabei die Mitarbeiter aktiv einzubeziehen, muss neben der Tagesarbeit an erster Stelle stehen.

Was fordert Sie mehr heraus: Probleme am Standort oder der Onlinehandel?
Hier kann ich eine ganz klare Antwort geben – die Probleme des Frequenzrückgangs in den Innenstädten haben inzwischen für mich die gleiche Priorität wie die negativen Auswirkungen durch das geänderte Einkaufsverhalten, besonders im Internet.

Wie gehen Sie damit um? 
Indem ich mich engagiere. Ich bin 1. Vorsitzender der Werbegemeinschaft Melle-City und das gesamte Jahr aktiv, um unseren Standort, die Meller Innenstadt, zu stärken. Rund acht Stunden bin ich hier in der Woche im Einsatz, natürlich alles neben meiner Arbeit als Inhaber einer mittelgroßen Buchhandlung mit 15 Mitarbeitern.

Ist Buy local in Melle ein Thema?
Ich hoffe bald. Im Dezember 2013 bin ich in den Verein „Buy Local“ eingetreten – und mein Ziel ist es nun, bei der Jahreshauptversammlung unserer Werbegemeinschaft ein Vorstandsmitglied nach Melle einzuladen, um so die Menschen in unserer Stadt, und natürlich auch Kollegen aus dem Einzelhandel, für die wichtigen Ziele dieses Vereins zu sensibilisieren.

Zahlt sich diese Kraftanstrengung denn aus? 
Unbedingt.

Auch für Sie persönlich?
Der Einsatz für mein Geschäft und die Werbegemeinschaft machen viel Freude und man lernt viel dabei. Gerade war ich beim 1. deutschen Weihnachtsmarktkongress in Köln, weil ich als Hauptorganisator des Meller Weihnachtsmarktes natürlich daran interessiert bin, diesen wichtigen Frequenzbringer für unsere Innenstadt weiter zu entwickeln. Das alles macht viel Freude, ist aber auch, besonders in den letzten Monaten des Jahres, eine enorme physische und psychische Belastung.

Ihren Laden haben Sie zuletzt 2008 von Grund auf verändert. Woran merkten Sie, dass Sie mit Ihrer Buchhandlung auf der Stelle treten? 
Wir haben in den Jahren vorher gespürt, dass wir keine neuen Impulse mehr setzen konnten – weil auch die Raumsituation mit vier Ebenen und 200 Quadratmetern Verkaufsfläche immer schwieriger wurde.

Und dann?
Dann habe ich nach Alternativen gesucht. Als sich schließlich die Möglichkeit des Umzugs in ein ehemaliges benachbartes Modegeschäft mit 300 Quadratmetern Verkaufsfläche auf einer Ebene bot, haben wir nach intensiven Beratungen den Mietvertrag unterschrieben. Wobei ich sagen muss: Vor fünfeinhalb Jahren war die Situation in unserer Branche noch eine andere – es gab mindestens einen Mitbewerber für diese Fläche. Heute wäre das sicher anders, und ich bin mir nicht sicher, ob ich bei der derzeitigen Marktsituation diesen Schritt noch einmal wagen würde.

Welchen Effekt hatte der Umzug?
Unsere Umsätze sind gewachsen, Jahr für Jahr. 2013 betrug unser Plus zum Beispiel 2,7 Prozent – das liegt deutlich über dem Branchendurchschnitt. Auch unser Internetshop macht sich: Mittlerweile haben wir rund 300 Besucher am Tag und können sehen, dass sich unsere Kunden dort in zunehmendem Maß informieren und dann auch bei uns bestellen. Nur leider hatten wir trotzdem einen Rückgang bei den Kundenzahlen, und da wären wir wieder beim Punkt Frequenzrückgang in den Innenstädten.

Aus dieser Perspektive: Was denken Sie über die Insolvenz von Weltbild?
Die Menschen sind heute so vollgepackt mit Informationen, so dass sie das Thema Weltbild schnell vergessen werden. Ich denke nicht, dass hier Auswirkungen auf das Erscheinungsbild im Buchhandel zu spüren sind. Die Läden scheinen ja vorerst nicht betroffen zu sein – und wenn es einen Anbieter im Internet weniger gibt, wird sich das für den stationären Buchhandel auf der Fläche jedenfalls nicht nachteilig auswirken.

Wie reagieren Sie im Alltag darauf?
Wenn mich ein Kunde auf das Thema anspricht, erkläre ich ihm natürlich einiges zu den Hintergründen und versuche ihm darzulegen, wie sich das veränderte Einkaufsverhalten, besonders der jüngeren Menschen in unserem Land, auf den gesamten Einzelhandel in den Innenstädten auswirkt.

Wo sehen Sie da selbst Ihre Zukunft?
Ich bin mir sicher, dass wir so gut aufgestellt sind, dass es uns auch in zehn Jahren noch gibt. Wichtig ist: Wir denken nicht in Zeiträumen von zwei, fünf oder zehn Jahren, sondern planen immer halbjährlich – was wir besser machen wollen, was wir unseren Kunden zusätzlich anbieten werden und was wir vielleicht auch nicht mehr machen möchten.