Börsenverein und VS fordern "kulturelle Ausnahme" beim Freihandelsabkommen

"Wir sind hochgradig alarmiert"

3. März 2015
von Börsenblatt
Der Börsenverein und der Verband deutscher Schriftsteller (VS) haben in einer gemeinsamen Erklärung gefordert, dass für das geplante transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) eine "kulturelle Ausnahme" gelten müsse. Im Berliner Büro des Börsenvereins trugen sie heute ihre Position vor, boersenblatt.net war vor Ort. Präsentiert wurde zudem der neue Normvertrag.

Der Börsenverein und VS forderten die Bundesregierung in einer gemeinsamen Erklärung dazu auf, entsprechende Sonderregelungen für die Kultur bei der EU-Kommission nachzuverhandeln. Außerdem soll der Stand der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten offengelegt und somit Transparenz für alle Verhandlungsbereiche geschaffen werden. "Kunst, Kultur und Bildung in Europa sind nicht verhandelbar. Es ist nicht nachvollziehbar, dass für den Bereich der Kultur bei den Freihandelsgesprächen bislang keine Ausnahme gemacht wurde", sagte der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins Alexander Skipis bei einem Pressegespräch heute Mittag in Berlin.

Börsenverein und VS treibt die Sorge, dass sowohl die Preisbindung als auch europäische Urheberrechtsstandards im Zuge der Gespräche über ein Freihandelsabkommen einkassiert werden könnten, obschon im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung eigens das besondere Schutzbedürfnis von Kultur und Medien festgeschrieben wurde. "Wir sind hochgradig alarmiert, dass unsere kulturellen Errungenschaften auf dem Altar ökonomischer Interessen geopfert werden", formulierte Skipis. "Amazon und Google wollen einen anderen Markt", mutmaßt er. Und auch der Bundesgeschäftsführer des VS in ver.di Heinrich Bleicher-Nagelsmann sieht eine "Neubestimmung der Koordinaten" durch das Freihandelsabkommen.

Der revidierte Normvertrag wurde präsentiert

Von neuen Koordinaten war im Berliner Büro des Börsenvereins auch in anderer Hinsicht die Rede. Jedoch viel die Bewertung dabei rundum positiv aus. Vorgestellt wurde ein aktueller, revidierter Normvertrag für Verlage und Autoren, der in entscheidenden Punkten vom bisher gültigen Normvertrag aus dem Jahr 1999 abweicht. Neu ist zum Beispiel eine Kündigungsmöglichkeit für Autoren, wenn nur ein E-Book, aber keine Druckausgabe mehr lieferbar ist beziehungsweise wenn ein gedrucktes Buch nicht innerhalb von zehn Tagen an einen Kunden geliefert werden kann. Bisher konnten Schriftsteller von dem Vertrag nur dann zurücktreten, wenn das Print-Buch dauerhaft nicht mehr zu haben war. Außerdem wurden die E-Book-Rechte in den Normvertrag aufgenommen und festgeschrieben, dass elektronische Ausgaben gleichberechtigt neben gedruckten Ausgaben stehen. Schließlich entfällt die bisherige Teilung in Haupt- und Nebenrechte. Die Honorierung richtet sich vielmehr danach, ob die Verwertung in einem einzigen Unternehmen stattfindet oder an Dritte lizenziert wird.   

Mit dem neuen Vertrag reagiere man auf die Gegebenheiten der digitalen Entwicklung, sagte der Vorsitzende des VS Imre Török. Er sei das Ergebnis von fairen Gesprächen, in denen sich beide Seiten  auf die Gemeinsamkeiten konzentriert hätten. Eine Einschätzung, die Matthias Ulmer, Vorsitzender des Verleger-Ausschusses, unterstützte: "Im Grundverhältnis von Verlagen und Autoren gibt es nicht so viele Veränderungen. Wir haben lediglich die Null-Linie neu gezogen."

hh

 

Zum Herunterladen (PDF):

Gemeinsame Erklärung zum  Freihandelsabkommen

Normvertrag für Verlage und Autoren