Interview mit Elisabeth Ruge

"Noch einmal etwas anderes machen"

6. Februar 2014
von Börsenblatt
Nach ihrem Abschied von Hanser Berlin hat Elisabeth Ruge mit boersenblatt.net über ihre beruflichen Pläne und die Verunsicherung im Verlagswesen gesprochen.

Sie haben eine Agentur gegründet. Ist das der endgültige Abschied vom Verlegerberuf?Ich war einen großen Teil meines bisherigen Lebens in Verlagen, habe in Häusern von ganz unterschiedlichem Zuschnitt vielerlei Erfahrungen gesammelt. Für mich ist das nun der Moment, noch einmal etwas anderes zu machen, etwas, das für mich mit einem größeren Freiraum verbunden ist.

Was sonst sprach für die Agentur?Die Arbeit am Text war immer das Faszinierendste für mich. Das wollte ich nicht missen. Und dann kommt man schnell auf die Idee, dass eine Agentur das passende ist. Vor allem, wenn man mit Autoren zu tun hatte, die von guten Agenten vertreten wurden. Die vielen Veränderungen im Verlagswesen führen doch zu einer gewissen Verunsicherung. Es gibt nicht mehr diese Verbundenheit von Autoren zu einem Verlag oder es ist mehr eine Verbundenheit zu Personen, von denen man als Autor aber nicht unbedingt weiß, welchen Einfluss sie auf Entscheidungen im Verlag haben. Die wichtigsten Bezugspersonen, die auch für eine gewisse Kontinuität stehen, sind häufig die Agenten. Die Optionen für Autoren werden sich vervielfältigen. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Agenturen können da eine stabilisierende Rolle spielen.

Welche Autoren vertreten Sie?Das kann ich noch nicht sagen. Es gibt bisher nur feste Absprachen, noch ist kein Vertrag unterzeichnet. Die GmbH muss erst in das Handelsregister eingetragen werden. Das geschieht jedoch in den nächsten Tagen.

Eine Rückkehr in einen Verlag schließen Sie aus?Man weiß nie, was das Leben noch für einen bereithält. Ich bin sehr froh über meinen jetzigen Plan. Aber ich will nicht verhehlen, wie schwer mir der Abschied vom Verlag gefallen ist. Wenn nicht auch ein gewisses Bedauern dabei ist, sobald man sich von einer Sache abwendet, um etwas Neues anzufangen, dann hat man wohl länger etwas falsch gemacht.

Sie arbeiten zudem gerade an einem Buch. Was ist vorrangig für Sie?Nachdem ich vor anderthalb Jahren in einem Interview über die psychische Erkrankung meiner Mutter sprach, ist ganz allmählich der Gedanke gewachsen, ein Buch zu schreiben, – mit dem Thema Familie im weiteren Sinn. Im vergangenen Herbst habe ich dann ein Exposé verfasst. Der Ausgangspunkt blieb das Nachdenken über meine Mutter, die vor drei Jahren gestorben ist. Ich zeichne in dem Buch die Wege meiner Mutter, meiner Großmutter und einer Großtante mütterlicherseits nach. Es geht darum, wie diese drei Frauen – so im Übrigen auch der Arbeitstitel – nach den kataklysmischen Ereignissen um den 20. Juli 1944 (mein Großvater Fritz-Dietlof von der Schulenburg war an dem Attentat auf Hitler beteiligt) ihr Leben trotz aller Widrigkeiten wieder aufgenommen und ihm einen Sinn gegeben haben. Die Familienerfahrung ist für mich eine Kernerfahrung der menschlichen Existenz. Und natürlich hat jede, auch die beste Familie eine neurotische Unterseite.

Und danach schreiben Sie ein Buch über die Männer in Ihrer Familie?Ach, mal schauen. Fangen wir erst einmal bei den Frauen an.

Wann soll „Drei Frauen" erscheinen?
Ich habe bislang vor allem Material gesammelt – es gibt viele Publikationen, Briefe, Aufzeichnungen – und mir Notizen gemacht. Nun beginne ich am Manuskript zu arbeiten. Geplant ist, dass das Buch 2016 bei Kiepenheuer & Witsch erscheint.

Interview: Holger Heimann